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Der lange Weg zur "Selbsthilfegruppe Wegener"

von Hans Georgi im März 1999

Hauptausschlaggebend für die Gründung einer Selbsthilfegruppe war für mich mein mehr als 3jähriger Leidensweg durch diverse Arztpraxen und Kliniken, bis es endlich eine Diagnose gab.

Ein großes Problem der Wegener-Patienten, zu denen auch ich zähle, ist der geringe Bekanntheitsgrad der Erkrankung bei den Ärzten. Von ihnen und auch von Personen aus ihrem sogenannten sozialen Umfeld werden die Erkrankten oft als Simulanten und Hypochonder abgetan. Viele Betroffene fühlen sich allein gelassen und fallen psychisch in ein tiefes Loch, bis endlich einmal die richtige Diagnose feststeht. Bei mir geschah dies erst zu einem Zeitpunkt, an dem ich dem Tod sozusagen noch einmal von der Schippe gesprungen bin.

Schon bei diesem Krankenhausaufenthalt von 9 Wochen hatte ich mich bei den Ärzten um Informationsmaterial bemüht. Man wollte nachsehen. Das Ergebnis war die Mitteilung, daß die Wegener'sche Granulomatose so selten sei, daß es dazu kein Informationsmaterial gäbe.

Mit dieser Antwort konnte und wollte ich mich nicht zufriedengeben. Ich forschte nach Selbsthilfegruppen und rief bei dem Bundesverband der Deutschen Rheuma-Liga e.V. in Bonn an. Von dort wurde ich nach Köln verwiesen und von dort wiederum nach Hürth. Leider war dort weder meine Krankheit, noch eine entsprechende Selbsthilfegruppe bekannt.

Nach dem Krankenhausaufenthalt und einer vierwöchigen Anschluß-Heilbehandlung stand für mich die Gründung einer Selbsthilfegruppe fest. Der Datenschutz war jedoch schon der erste Stolperstein. Die Ärzte wollten helfen, konnten aber aus Datenschutzgründen keine weiteren Betroffenen nennen. Um meine Idee publik zu machen, wendete ich mich im Dezember 1997 an die Redaktion meiner Tageszeitung. Diese veröffentlichte einen Hinweis über meine Absicht, eine Selbsthilfegruppe zu gründen. Daraufhin meldeten sich zwei Betroffene.

Die Gründung der Selbsthilfegruppe wurde jedoch durch einen schweren Verkehrsunfall, bei dem mein ältester Sohn lebensgefährlich verletzt wurde, verzögert.

Über meinen Rheumatologen ergab sich ein Kontakt zu einem weiteren Wegener-Patienten. In einem Telefonat stellten wir fest, daß wir auf einer Wellenlänge lagen. Sein Wissen über die Erkrankung überstieg bei weitem meinen damaligen Informationsstand.

Der Kölner Stadtanzeiger veröffentlichte damals Reportagen über verschiedene Erkrankungen und entsprechende Selbsthilfegruppen. Zum 1. Treffen unserer Selbsthilfegruppe erschien dann auch ein Artikel über die Wegener'sche Krankheit und unsere Initiative.

Durch das Sammeln weiterer Informationen über die Wegener-Erkrankung ergab sich ein Kontakt zu einem weiteren Betroffenen aus Köln. Er war Mitbegründer der Vaskulitis-Patienten-Selbsthilfegruppe in der Rheuma-Liga Schleswig-Holstein e.V. und Ansprechpartner für NRW. Über ihn lernte ich die Rheumaklinik Bad Bramstedt kennen. Hier befindet sich eine Forschungsfachklinik für Vaskulitispatienten, zu denen auch die an Wegener Erkrankten zu rechnen sind. Im April 1998 wurde ich dort behandelt und erstmals wirklich umfassend über die Krankheit informiert.

Während meines Klinikaufenthaltes in Bad Bramstedt las ich eine Biographie des Pathologen Dr. Wegener ("Friedrich Wegener: Sein Leben, sein Werk, die Wegener'sche Granulomatose"; S.Schmidt und H.H. Wolff, Diesbach Verlag Berlin, ISBN 3-89303-24-7). Seine Forschungsergebnisse gaben der "Wegener'schen Granulomatose" ihren Namen. Dr. Wegener verstarb am 09.07.1990. Sein Sterbedatum wurde dann 1998 zum Gründungstag der Selbsthilfegruppe Wegener, die mit fünf Mitgliedern begann. Wir beschlossen, und vierteljährlich an jedem zweiten Donnerstag zu treffen. Heute, nach dem 3. Treffen am 14.01.1999, besteht die Gruppe aus 22 Wegenerpatienten, einem Churg-Strauss-Patienten und einem Patienten mit Mikroskopischer Polyangiitis.

Mittlerweile gibt es auch Positives zu berichten:

Unsere Treffen finden in den Räumlichkeiten der Bundesknappschaft Bergheim (Albrecht-Dürer-Allee 8) statt, die uns kostenlos zur Verfügung gestellt werden.

Ein Gesundheitslehrer, der zwei Ratgeber verfaßt hat, hielt bei unserem letzten Treffen ein Referat über gesunde Lebensweise. Vorab hatte ich 20 seiner Bücher in Kommission genommen. Nachdem er gesehen hatte, was unsere Selbsthilfegruppe leistet, spendete er den Erlös der Bücher für die Zwecke der Selbsthilfegruppe.

Zwischenzeitlich habe ich eine Ärztin gefunden, die sich gut mit der Krankheit auskennt. Leider ist die Krankheit bis zum heutigen Zeitpunkt noch nicht heilbar. Es gibt sehr wenig Wissen über ihre Entstehung, hauptsächlich nur Vermutungen. Trotzdem möchte ich allen Betroffenen Mut machen. Wenn die Krankheit erkannt ist, hat man noch Lebensperspektiven, und man sollte sich ruhig noch Ziele setzen. Auch wenn es schwierig ist, sollte man immer versuchen, positiv zu denken.

Unser Wegener-Team setzt auf die junge Ärztegeneration, auf die Weiterforschung in Bad Bramstedt und auf einen weltweiten Informationsaustausch von Forschern. Unser Ziel ist der Erfahrungsaustausch, die Aktualisierung und Verbreitung von Informationsmaterial, sowie Rat und Hilfe für Betroffene.

In diesem Zusammenhang möchte ich auf ein einmal jährlich stattfindendes Vaskulitis-Treffen in Bad Bramstedt hinweisen, zu dem Betroffene aus dem gesamten Bundesgebiet zusammenkommen.

Desweiteren kann ich den Ratgeber "Vaskulitis, was sie ist, wie man sie erkennt, was man dagegen tun kann" für Betroffene und Angehörige empfehlen (Autorin: Dr. Eva Reinhold-Keller, erschienen im Dr.Dietrich Steinkopf Verlag Darmstadt, ISBN 3-7985-1054-7).

Sollte jemand Interesse haben, eine Selbsthilfegruppe zu gründen oder bei unserer Selbsthilfegruppe mitzumachen, so kann er sich gerne an die unten genannte Anschrift wenden.

SHG Wegener c/o Hans Georgi
Am Kapellenkreuz 5
50127 Bergheim (-Ahe)
Telefon 0 22 71 / 9 33 50

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