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Mirta erzählt von ihrer Vaskulitis Panarteriitis Nodosa

Wie heißen Sie und wo in etwa wohnen Sie?

Ich möchte mein Pseudonym „Mirta“ benutzen, ich wohne in Neumünster.

Wann wurde bei Ihnen die Diagnose Vaskulitis gestellt? Wissen Sie, an welcher speziellen Vaskulitis Sie leiden?

Die diagnostizierte Vaskulitis heißt Panarteriitis Nodosa und wurde im Juni 2011 festgestellt.

Welche Symptome hatten Sie vor der Diagnose?

Zunächst hatte ich Hautausschlag im Gesicht, der juckte und brannte. Auch die Ohren und die Kopfhaut waren davon betroffen. Dazu kamen rote brennende Augen. Innerhalb weniger Tage trat der Hautausschlag am ganzen Körper auf und es folgten Schluckbeschwerden. Mein Hausarzt nahm Blut ab und verschrieb mir wegen des Ausschlags Prednisolon in Form von Tabletten und Salbe. Nach weiteren zwei bis drei Tagen hatte ich starke Gelenk- und Muskelschmerzen, sodass es mir kaum noch möglich war, mich hinzusetzen. Ich war völlig kraftlos. Dann rief mich mein Hausarzt an und sagte, dass die Entzündungswerte extrem hoch seien und ich noch einmal in die Praxis kommen sollte. Da der Hals inzwischen fast zugeschwollen war, sollte ich mich jedoch sofort in die Notaufnahme des Krankenhauses begeben. Die Ärzte behielten mich aufgrund „eines akut reduzierten Allgemeinzustandes“ und des inzwischen hinzugekommenen Fiebers gleich dort.

Beschreiben Sie die Erfahrungen mit Medizinern und Pflegepersonal, die Sie betreut haben. Welche Schwierigkeiten hatten Sie, genügend Informationen und eine korrekte Behandlung für eine so seltene Erkrankung wie Vaskulitis zur erhalten?

In der Klinik erfolgte die Diagnostik aufgrund der Erkrankungen in der Familie (mein Vater und mein Sohn sind an Lupus erkrankt) und der Symptome (Hautausschlag im Gesicht, der einem Schmetterlingserythem glich). Nach 3 Tagen wurde ich mit dem Verdacht auf Lupus Erythematodes an die Uniklinik Kiel verwiesen, weil die Klinik in Neumünster für diese Erkrankung nicht spezialisiert sei. Diese Entscheidung habe ich der Klinik hoch angerechnet, weil sie nicht noch tagelang experimentiert haben. In der Uniklinik Kiel, die auf Vaskulitis-Erkrankungen spezialisiert ist, lag ich dann weitere 4 Wochen bis zur endgültigen Diagnose. 14 Tage hatte ich immer wieder fast 40 Grad Fieber. Die Kortisondosis schwankte ständig zwischen 500 mg und 75 mg. Anhand der Hautbiopsie wurde dann die endgültige Diagnose Panarteriitis Nodosa gestellt. Die Ärzte in der Uniklinik haben mir auch in den Wochen, in der die Diagnose noch nicht endgültig feststand, immer erklärt, welche Untersuchungen sie noch machen werden, welche Diagnosen sie vermuten (Lupus, Panarteriitis Nodosa oder Stillsyndrom) und worauf ich bei welcher Diagnose achten muss. Das größte Problem waren die enorm hohen Entzündungswerte im Blut, die sich in den ersten Tagen gar nicht und dann nur ganz langsam senken ließen. Immer, wenn ich eine hohe Dosis Kortison bekam, habe ich mich gefühlt wie „neu geboren“, weil diese fürchterlichen Gelenkschmerzen weg waren. Kaum wurde die Dosis gesenkt, waren sie wieder da. Ich glaube, ich hatte riesiges Glück, dass aufgrund der Vorerkrankungen in der Familie gezielt auf eine Autoimmunkrankheit untersucht wurde und die Krankheit so sehr schnell diagnostiziert werden konnte.

Welche guten und schlechten Erfahrungen haben Sie mit Mediziner und Pflegepersonal gemacht?

Wie oben schon geschrieben, wurde ich von den Ärzten über geplante Untersuchungen und auch über den Grund der Untersuchung informiert (und das als gewöhnlicher Kassenpatient). Sie informierten mich auch über ihren Verdacht, was die Diagnose anbetraf (Lupus?, Panarteriitis Nodosa?, Stillsyndrom?) und erklärten mir, was ich bei den einzelnen Krankheiten beachten müsste und wie die Medikamenteneinstellung bei den einzelnen Krankheiten aussehen würde.
Selbst der Professor kam des Öfteren morgens, vor seinem Dienst (in „Zivil“), und fragte, wie es mir geht. Die Ärzte machten eher einen besorgten Eindruck und gaben mir keinesfalls das Gefühl ein Simulant zu sein.
Im Vergleich zu den anderen Patientenberichten müssen sich meine Erfahrungen wie „von den Kliniken gekauft“ anhören. So ist es aber nicht. Mir ist durchaus bewusst, wie viel Glück ich hatte. Ich glaube inzwischen auch fest daran, dass ich Schutzengel habe.

Wie haben Sie reagiert, dass Sie erfuhren, dass Sie an einer so seltenen Erkrankung leiden? Wie hat Ihre Familie reagiert?

Dass die Krankheit so selten ist und wie schwer die Erkrankung ist, das hatte man mir in der Klinik nicht gesagt. Als ich nach 4 Wochen aus dem Krankenhaus kam und zu meiner Rheumatolgin (die seit dem gleichzeitig meine Hausärztin ist) ging, wegen einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, kam dann der eigentliche Schock. Sie sagte mir, dass ich mit meinem Arbeitgeber sprechen müsste, weil ich mit einer Arbeitsunfähigkeit bis zu einem halben Jahr rechnen müsste. Ich hatte das Gefühl, ich falle vom Stuhl.
Als ich ihr sagte: "“Ich dachte, diese körperliche Schwäche und die Kreislaufprobleme kommen vom langen Liegen und das Ganze ist in 3 Wochen vergessn."“, sagte sie zu mir: "„Ich glaube, Ihnen ist nicht bewusst, wie schwer krank sie sind?"“
Nach ca. 1 Woche habe ich mir erst einmal das Buch "Vaskulitis" von Reinhold-Keller/Gross“ besorgt, um ein bisschen mehr über diese Krankheit zu erfahren. Da ich ein sehr positiv eingestellter Mensch bin, gehe ich durchs Leben nach dem Motto "Alles wird gut". Zugegeben, auch ich brauche immer ein bis zwei Tage, um mit weiteren unerfreulichen Diagnosen wie "völlig unakzeptabler Augeninnerdruck, Gesichtsfeldeinschränkungen, völlig entgleister Bluthochdruck" klar zu kommen, zumal es mir oft auch sehr schlecht geht. Ich habe z.B. seit 5 Monaten fast täglich starke Schmerzen. Aber ich sage mir immer, die verschwinden auch nicht, wenn ich mich selbst bemitleide. Ich bin dann eher genervt davon, dass ich immer noch Schmerzmittel nehmen muss. Von meiner Rheumatologin (bei der ich mich sehr gut aufgehoben fühle, weil sie sich sehr gut mit der Krankheit auskennt) höre ich immer wieder "Ich glaube Sie haben immer noch nicht realisiert, dass sie eine schwere Krankheit haben und Geduld haben müssen".
Mein Mann, mein Sohn und meine Familie sind immer für mich da. Sie sind sehr besorgt und es ist eher so, dass ich sie beruhigen muss und nicht umgekehrt. Meine Mutter sagt immer wieder: "Ich bewundere Dich für den Humor, mit dem Du vieles hinnimmst."

Welche Medikamente nehmen Sie zur Zeit ein? Welche Nebenwirkungen treten auf?

Prednisolon Tagesdosis 10 mg
Azathioprin Tagesdosis 150 mg
Quensyl Tagesdosis 400 mg
Losartan Tagesdosis 100 mg
Amplodipin Tagesdosis 10 mg
Dekristol Wochendosis 20.000 I.E.
Pantoprazol Tagesdosis 80 mg
Lyrica Tagesdosis 75 mg
Novaminsulfon Tagesdosis 1000-1500 mg
(„Mein Vater sagt immer: „Dann brauchst Du ja nichts zu essen mehr.“)

An Nebenwirkungen treten auf: Erhöhter Augeninnendruck (außerhalb des zulässigen Rahmens), Gesichtsfeldeinschränkungen, entgleister Bluthochdruck trotz der Medikamente, chronische Magenentzündung, häufige Darmentzündung, Kurzatmigkeit und Bluthochdruck bei geringster Belastung (z.B. 5 min Fahrrad fahren, 10 Treppenstufen steigen), starke Gewichtszunahme ca. 14 kg in einem Jahr.

Inwieweit wurde Ihr Alltag von der Vaskulitis verändert?

Das größte Problem ist, dass ich momentan einfach nicht belastbar bin, weder körperlich noch geistig. 5 min Fahrrad fahren, 5 min schnelleres Gehen, 5 min Crosstrainer lösen sofort Luftnot aus und lassen den Blutdruck trotz der Medikamente auf 190 steigen. Das gleiche gilt für 1 Stunde Schreibtischarbeit. Auch hier steigt der Blutdruck nach kurzer Zeit auf 180. Die Folge sind starke Kopfschmerzen, die leider ohne Schmerzmittel den ganzen Tag anhalten und häufig selbst mit Schmerzmittel nicht in den Griff zu bekommen sind. Meine alten Sportarten (Squash, Zumba, Aerobic, Tanzen) kann ich zur Zeit nicht ausüben. Da würde ich nach 5 min umfallen. Ich gehe sehr oft spazieren und übe mit kleinen Hanteln oder einem leichten Theraband. Außerdem gehe ich ab und zu schwimmen, aber auch das ist streckenmäßig sehr eingeschränkt. Das ist im Moment leider alles was geht.

Wie schaffen Sie es durchzuhalten, wenn es wirklich schlimm ist?

In den letzten Tagen ging es mir nicht besonders gut. Ich habe seit 5 Monaten starke Kopfschmerzen und seit ca. 2 Wochen wieder starke Gliederschmerzen. Ich nehme dann Schmerzmittel und schlafe viel. Zwischendurch gehe ich spazieren. Und wenn ich mich abends schlafen lege, sage ich mir, wenn ich morgen aufwache, ist alles besser. Das klappt natürlich nicht immer, aber oft. Wie schon gesagt, ich nehme viel Kraft aus meiner positiven Lebenseinstellung.

Welche Rolle spielen eine Selbsthilfegruppe und das Internet für Sie?

Ich suche seit einiger Zeit eine SHG für Vaskulitis-Erkrankte. Das ist leider nicht so einfach, denn die SHG, die in dem Buch „Vaskulitis“ aufgeführt sind, gibt es zum Teil schon nicht mehr oder sie sind zu weit weg. Über die Recherche bin ich auf diese Internetseite gestoßen und habe mich nach langem Zögern angemeldet. Ich bin eher internetscheu und dies ist das erste Forum zu dem ich mich angemeldet habe.
Eine SHG suche ich in der Hoffnung, dort Erfahrungen im Umgang mit Anträgen zur Schwerbehinderung und Vorstellungen beim MDK austauschen zu können. Zur Informationsbeschaffung bezüglich der Vaskulitis tragen diese Internetseite und auch andere Seiten m.E. positiv bei.

Mirta mirta17 [at] t-online [dot] de


Diese Seite wurde im Rahmen des "Girls & Boys Day 2012" erstellt von Bjarne Wiedenmann (12)


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26.04.2012