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Philipp aus Lüneburg
Wir möchten Ihnen hier als Eltern über den Krankheitsverlauf unseres am 13.01.2014 verstorbenen Sohnes Philipp aus unser Sicht berichten.
Im Rückblick muss die Krankheit schon Anfang 2013 ausgebrochen sein. Unser Sohn klagte öfters über Kopfschmerzen und war auch zeitweise lichtempfindlich. Er holte sich daraufhin natürlich Kopfschmerztabletten. Unser Sohn war schon vor einem Jahr aus dem Elternhaus ausgezogen und wir sahen uns meistens nur am Wochenende zum Mittag.
Ungefähr. im April/Mai fiel uns dann aber auf, dass er stark abgenommen hatte und er erzählte uns, dass es auch vorkommt, dass er sich des öfteren übergeben muss.
Daraufhin machten wir schnellstens einen Termin beim Arzt. Es wurde eine Magenspiegelung mit Gewebebiopsie gemacht. Sie war ohne Befund. Da unser Sohn schon voll im Berufsleben stand, kamen die Ärzte schnell auf die Psyche und es wurde ein Termin beim Psychologen gemacht. Der Termin war für Mitte September.
Dann, am 30.08., bekam ich auf der Arbeit einen Anruf einer besorgten Nachbarin. Philipp ging schwankend auf der Straße und konnte auch nicht mehr richtig sprechen. Er sprach von Lähmungserscheinungen.
Meine Frau fuhr sofort zu ihm und brachte ihn in die Notaufnahme der Klinik Lüneburg. Nach vielen Untersuchungen und einer Entnahme von Nervenwasser wurde eine Hirnhautentzündung diagnostiziert. Da man aber die Ursache nicht wusste, wurde er mit 3 verschiedenen Mitteln behandelt. In den nächsten Tagen litt er oft unter Krampfanfällen mit sehr starken Kopfschmerzen und er sprach darüber, dass er sehr oft auch das Gefühl hatte, Achterbahn zu fahren und dann in ein tiefes Loch zufallen. Da entschlossen sich die Ärzte, Philipp ins UKE nach Hamburg zu bringen.
Im UKE wurden durch Blutuntersuchungen und erneuter Nervenwasserentnahme schnell Viren und Bakterien als Ursache der Hirnhautentzündung ausgeschlossen. Medikamente wurden abgesetzt. Unser Sohn litt vermehrt unter neurologischen Ausfällen, Krampfanfällen, Störungen des Zeitgefühls, des Kurzzeitgedächtnisses. Man beantragte einen Ganzkörperscan um einen Tumor im Körper zu finden, der auch eine Ursache sein könnte. Der Scan vom 19.09.2013 war negativ, kein Tumor war im Körper. Am 26.09.2013 musste dann unser Sohn sich einer sehr schmerzhaften Muskelbiopsie am Oberschenkel unterziehen, um einen Gendefekt der Mitochondrien auszuschließen.
Die Krankheit bekam nun auch eine Namen. Philipp hat wohl eine Leukenzephalopathie. Blut für einen Gentest wurde nach München in ein Speziallabor eingeschickt. Uns wurde gesagt, dass wird mehrere Wochen dauern. Für die Zwischenzeit kam Philipp zur Reha nach Jesteburg, die ihn wieder körperlich aufbauen sollte. Da man dort aber nie auf seine Krankheit einging, baute er mehr und mehr geistig und körperlich ab. Sein Zeitgefühl wurde immer schlechter. Philipp konnte teilweise Tag und Nacht nicht mehr unterscheiden und war durch die engen Termin nur im Stress. Sein Kurzzeitgedächtnis spielte ihm auch des öfteren Streiche. Es kam z.B. vor, dass er vergessen hatte, sich vor dem Duschen auszuziehen. Er konnte auch nur noch am Rollator gehen oder wurde von uns im Rollstuhl geschoben.
Wir besuchten Philipp sehr oft in der Reha und hatten immer mehr Angst um ihn. Nach zwei Wochen in der Reha setzen wir uns mit seinem Arzt im UKE in Hamburg in Verbindung. Man solle ihn dort sofort raus holen. Herr Dr. B. veranlasste alles, dass wir Philipp innerhalb eines Tages abholen konnten. Wir brachten ihn zurück ins UKE. Mittlerweile war das Ergebnis des Gentests da. Wieder negativ und seine Krankheit hatte wieder keinen Namen.
Inzwischen trat ein neues Problem auf. Philipps Augen wurden immer schlechter. Wieder MRT und Nervenwasserentnahme. Daraufhin wurden wir umgehend nach Hamburg gebeten.
Philipp sollte einer Gehirnbiopsie unterzogen werden, die natürlich für ihn sehr gefährlich sein könnte. Alles ging gut.
Als Ergebnis dieser Biopsie hatte seine Krankheit nun den richtigen Namen, nur das keiner wusste, woher sie kam. Intrazerebrale Vaskulitis mit granulomatöser Komponente und Riesenzellen. Als Therapie wurde ihm nun hochdosiertes Cortison verabreicht und Philipp sollte 6 Monate lang einmal im Monat eine Chemotherapie erhalten. Gleich Ende November wurde losgelegt. Durch das Cortison ging es Ihm wieder relativ gut. Seine Defizite waren so gut wie weg und er sah aus wie ein neuer Mensch.
Die nächsten Wochen bis zur 2. Chemo ging Philipp in die Reha der Klinik Bad Bramstedt auf dem Gelände des UKE in Hamburg. Die Reha tat ihm gut. Er nahm wieder zu und konnte sich auch besser bewegen. Kein Rollstuhl oder Rollator mehr.
Zwischendurch wurden seine Augen weiter untersucht. Man stellte fest, dass auch eine Entzündung hinterm rechten Auge seine Sehkraft beeinflusste. Am 23.12.2013 hatte Philipp dann seine 2. Chemotherapie. Die hat er nicht so gut vertragen. Über Weihnachten war er dann zu Hause und sollte dann wieder zurück in die Reha. Da sich über die Feiertage aber keiner für die Genehmigung der Fortführung verantwortlich fühlte, war Philipp bis ins neue Jahr 2014 zu Hause. Das Cortison ließ man ab Weihnachten Schritt für Schritt auslaufen. Und um so weniger Cortison, um so schlechter ging`s ihm. Seine Defizite waren wieder da, die Gehirnleistung ließ nach, das Gangbild verschlechterte sich, er übergab sich und klagte über starke Kopf- und Nackenschmerzen, bis am 03.01.2014 Philipp starke Lähmungserscheinung zeigte. Er sagte, das seine Beine wie Blei seien.
Wir nahmen sofort wieder Kontakt mit dem UKE auf.
Uns wurde gesagt, wir müssten ihn in die Notaufnahme bringen, nicht direkt wieder auf seine Station, wo er schon Monate verbracht hatte. Nach mehr als 2 Stunden brach unser Sohn in der Notaufnahme komplett zusammen. Seine linke Seite zeigte starke Lähmungserscheinungen, er klagte wieder über starke Kopf- und Nackenschmerzen und ihm war stark übel.
Es wurde ein MRT gemacht und er kam für eine Nacht in die Stroke Unit. Nach Aussagen der Ärzte wurde im MRT keine neue Veränderung gefunden, die auf einen Schlaganfall hinwies. Darauf war die Diagnose „Migräne mit Aura“. Und wieder wurde Blut entnommen und jetzt zum Gentest geschickt. Die nächsten Tage wurden noch weitere Untersuchungen und Tests gemacht. Philipp ging es gar nicht gut. Er klagte weiterhin über starke Kopf- und Nackenschmerzen und Übelkeit. Das Einzige, was man machte, man gab ihm Tabletten und Tipps für das richtige Liegen im Bett.
Am 08.01.2014 dürften wir dann Philipp wieder abholen. Uns war gar nicht wohl dabei. Immer diese Kopf- und Nackenschmerzen und die Übelkeit. Einen Tag später, also am 09.01.2014 wollte dann Philipp nach oben ins Bett und schlafen. Da war er ein bisschen abwesend.
Nach einer Stunde wollte meine Frau ihn wecken, da er noch einen Arzttermin beim Hausarzt hatte. Philipp lag reglos im Bett, reagierte nicht mehr auf Zuruf und schaute durch meine Frau durch. Sie rief sofort den Notarzt. Der brachte Philipp ins Klinikum nach Lüneburg. Dort stellte man fest, dass jetzt seine komplette rechte Seite gelähmt war und sprechen konnte er auch nicht mehr. Er wollte uns noch was sagen, man sah die Angst in seinen Augen. Wieder CT und nichts zu sehen. Er fing an zu krampfen. Vier Ärzte versuchten über 2 Stunden, die Krämpfe in Griff zu bekommen, ohne Erfolg. Daraufhin wurde Philipp in ein künstliches Koma gelegt. Die Ärzte sprachen von epileptischen Anfällen. Uns wurde gesagt, dass man Philipp am nächsten Tag wieder ins UKE nach Hamburg fahren will, um ihn dann aus dem Koma rauszuholen. Freitag früh riefen wir im Klinikum Lüneburg an, Philipp sei stabil, alles ok. Nun sollte er aber mit dem Hubschrauber ins UKE geflogen werden. Wir fuhren am Nachmittag sofort zum UKE. Philipp lag in der Neurologischen Intensivstation.
Ein Professor kam zum Arztgespräch dazu und fragte uns, was wir denn wüssten. Wir gingen ja davon aus, dass unser Sohn wieder aus dem künstlichen Koma raus geholt wird. Der Professor brachte uns dann auf den Boden der Tatsachen. Philipps Gehirndruck sei im UKE stark angestiegen und dies ließ sich auch mit keinem Medikament oder einer Therapie wieder senken. Die Ärzte mussten von seinem Hirntod ausgehen und, so die Aussage der Ärzte, keiner weiß, warum dieser schnelle Anstieg des Gehirndruck passiert ist. Philipp wird nicht mehr aus dem Koma aufwachen.
Alle, die Ihn lieb hatten, konnten sich noch von Philipp verabschieden. Am Montag, dem 13.01 2014 wurden dann die Beatmung abgeschaltet und unser Sohn für tot erklärt.
Knallhart, Philipp ist tot und keiner kann sagen, warum.
Wir möchten jetzt keinem Betroffenen Angst machen. Nur man sieht so, dass auch unsere moderne Medizin an ihre Grenzen stoßen kann. Philipps Krankheit wurde einfach unterschätzt. Wir haben einer Obduktion der Gehirns und des Rückenmarks zugestimmt. Sie wird uns unseren Sohn zwar nicht wiederbringen, aber für uns und die Wissenschaft wäre es hhilfreich, wenn man vielleicht man die genaue Todesursache rausbekommt.
Januar 2014