}

Schlaganfall mit 27! - Teil 1

von Nando
 Mein Leben schien nahezu perfekt zu sein. Nach langem Kinderwunsch,  seit unserer Hochzeit 1997, sollte unser Wunsch im Mai 2000 endlich, dank der modernen Medizin in Erfüllung gehen!  Meine Frau ist schwanger. Doch Komplikationen treten auf, der Körper versucht, das Kind abzustoßen, so dass meine Frau viel liegen muss, um unser Kind nicht zu verlieren. Darauf folgt eine Schwangerschafts Diabetes. Dank der tollen Versorgung durch Fachärzte wächst unser Baby gut heran.
Einen Abend im September wurde ich zu einem damaligen Arbeitskollegen zum Geburtstag eingeladen. Wir hatten viel Spaß und ich trank ein paar Bier. Das dieses mir (durch die blutverdünnende Wirkung) vielleicht das Leben retten werde, wusste bis dahin, denke ich niemand. Als ich mit meiner schwangeren Frau abends wieder zuhause eintraf, ging ich wie jeden Abend ins Bett. Diese Nacht veränderte mein ganzes Leben. Mitten in der Nacht wurde ich von heftigen Kopfschmerzen geweckt und starke Übelkeit überkam mich. Ich dachte, vielleicht hatte ich doch ein Bier zuviel getrunken. Nachdem ich mich Übergeben hatte und zurück in mein Bett wollte, merkte ich, dass irgendetwas mit mir nicht stimmte. Ich konnte mich nicht aufstellen, irgendwie rutschte das linke Bein immer weg. Ich wollte zurück ins Bett krabbeln, doch auch der linke Arm ließ mich im Stich. Irgendwie robbte ich mich dann zurück ins Bett und versuchte, leise zu sein, um meine von der Schwangerschaft erschöpfte Frau nicht zu wecken.

Irgendwann aber wachte sie auf und bemerkte, dass irgend etwas nicht in Ordnung sei . Sie wollte den Notarzt rufen, doch ich wollte nicht. Ich dachte, ich hatte halt zuviel getrunken. Ohne mein Wissen rief dann meine Ehefrau unseren Hausarzt an, der mich sprechen wollte. Als ich versuchte zu reden,  wurde meine Sprache undeutlich. Der Hausarzt erschien sofort. Beim Eintreffen des Arztes verzog sich meine linke Gesichtshälfte nach unten und ich konnte nicht mehr sprechen. Der Doktor sagte nichts, sondern rief gleich den Notarzt an, der auch einige Minuten später prompt erschien. Ich bekam Infusionen und wurde sofort mit Sonderrechten in die nächstliegende Klinik gefahren. Ich weiß ab hier nichts mehr und schreibe nun die Ereignisse auf wie sie mir erzählt wurden. Mein Hausarzt sagte zu meiner schwangeren Frau: "Das sieht nicht gut aus mit Nando." Sie sollte mit privatem PKW dem Krankenwagen folgen, da  dort drinnen kein Platz sei, wenn sie schnell handeln müssen.

Meine Frau fuhr mit ihren Eltern, die im selben Haus wohnen wie wir, hinterher ins Krankenhaus. Die Schwester von meiner Frau unterrichtete währenddessen meine Eltern über das schlimme Ereignis .Sie müssen einen Teufelsritt gehabt haben. Sie kommen aus Holland. Inzwischen ist meine Frau in der Klinik eingetroffen. Ich befinde mich auf der Intensivstation, bekomme nur kleine Teile im Dämmerzustand mit. Alle sollen an meinem Bett gestanden haben. Ich weiß von nichts. Der Arzt ruft meine schwangere Frau und meine Eltern ins Sprechzimmer. Er erzählt daß ich einen Schlaganfall im Kopf hatte. Ich müsse verlegt werden, nach Hamburg, falls man mir die Schädeldecke öffnen müsse, um Druck abzulassen. Jetzt ist warten auf den Hubschrauber.

Der Arzt will ehrlich sein, auch schlimm, dass er meiner Frau in ihrem Zustand, dieses erzählen muss. Seine Worte: "Verabschieden sie sich vorsichtshalber von ihrem Mann, ich weiß nicht, ob er heil in H.H ankommt.“ Der Zustand ist kritisch. Meine Frau steht neben mir, darf nicht sagen was mit mir ist, was mit mir passiert. Darf nicht weinen. Der Hubschrauber ist da. Ich werde zum Hubschrauber gebracht, meine Familie steht da und muss zuschauen, wie ich verlegt werde. Meine Frau, Eltern und Schwiegereltern machen wieder einen Höllentrip nach Hamburg durch. Keiner im Auto spricht.

Jeder darf mich einzeln, in steriler Kleidung, kurz auf der Intensivstation besuchen. Ich merke nichts. Gesprochen soll ich haben, wie ein Betrunkener durch die linke, gesackte Gesichtshälfte. Meine Frau hat ein Ultraschallfoto von unserem ungeborenen Baby mitgebracht. Eine Schwester hängt es an die Decke, dass ich es sehen kann. Mein Gott, ich will leben! Ich will für meine Frau und mein Baby weiterleben! Ich will mein Baby sehen, das im Februar geboren werden soll! Meine Familie, sie soll schlafen und Kraft schöpfen. Aber mal ehrlich, kann man das? Am nächsten morgen sind mein Werte ein wenig besser und ich werde auf die Stroke Unit verlegt. Meine Familie sollte sich bei der Ärztin melden und sich nach dem Gesundheitszustand von mir erkundigen.

Mein Vater ruft an. Die Ärztin berichtet, dass ich bessere Werte habe und eine Schädelöffnung wahrscheinlich nicht mehr erfolgen muss, da der Druck zurückgegangen ist. Meine Sprache ist auch besser geworden, Und ich habe sogar eine 2. Portion Frühstück verlangt. Na ja, hatte einen Tag nur Tropf. Da hat man Hunger. Meine Familie kommt zu Besuch, ich weine. Aber ich gebe nicht auf. Jeden Tag besucht mich meine Frau. Mal mit Ihren Eltern, mal mit meinen. Mit jedem Tag geht es mir besser. Nach ca. 1 Woche zieht sich mein Gesicht zurück. Mein linker Arm und das linke Bein wurden ordentlich von einem Krankengymnasten trainiert. Langsam beginne ich wieder, zu laufen. Ich wankele zwar, aber ich stehe und laufe! Immer ein bisschen mehr, mit vielen Ruhepausen. Ich ziehe das linke Bein hinterher und meine Schulter hängt. Die Feinmotorik ist im linken Arm total weg. Ich habe ja rechts noch. Aber das Laufen kann mir niemand mehr nehmen. Ich schaffe das!

Nach 3 Wochen Aufenthalt in Hamburg bekomme ich eine schlimme Nachricht. Meine Frau hat im 6. Monat eine Schwangerschaftsvergiftung. Nein; auch das noch. Ich bitte um Verlegung in eine nähere Klinik, um dichter bei meiner Frau zu sein. 25 km auseinander liegen meine Frau in der einen und ich in der anderen Klinik. Von nun muss meine Frau noch mehr liegen und muss jede 2 Woche für eine Woche ins Krankenhaus. Nach einer weiteren Woche Klinik werde ich entlassen und darf nach Hause zu meiner Frau. Sie hat einen schönen Kugelbauch bekommen.

Ich bin froh, uns allen geht es den Umständen entsprechend gut. 1 Woche zu Hause und danach komme ich in die Reha nach Soltau. Meine Frau wieder in die Klinik nach Rotenburg. In Soltau bekomme ich viele Anwendungen, reden und laufen klappt wieder ziemlich gut. Das Gesicht ist wieder völlig normal. 4 Wochen Kur haben mir prima geholfen. Weihnachten zuhause. Schön …. Dann im Januar wird meine Tochter geboren. Sie ist kerngesund. Ja, wir haben es geschafft.  Meine Frau und unsere Tochter sind wohlauf. Ich auf dem Weg der Besserung. Wir genießen die Babyzeit. Mitte September 2001 war ich soweit wieder hergestellt, dass ich wieder langsam in meine Tätigkeit als Schlachter eingegliedert wurde.