Vaskulitis- was ist das?

1.0 Einführung

Vaskulitis ist eine Entzündung der Blutgefäße. Sie entsteht, wenn das Immunsystem des Körpers fälschlicherweise die eigenen Blutgefäße angreift. Grund hierfür können eine Infektion, ein Medikament oder eine andere Erkrankung sein, häufig ist der Auslöser aber unbekannt.

Die Bezeichnung Angiitis ist ein Synonym für Vaskulitis, beide Bezeichnungen bedeuten das gleiche, wohingegen der Begriff Arteriitis sich spezifisch auf die Entzündung der Arterien bezieht.

2.0 Überblick

Die Vaskulitiden sind eine Gruppe von autoimmunen, entzündlichen Erkrankungen, bei denen das körpereigene Immunsystem entweder von Arterien, Venen oder Kapillaren die innere Beschichtung (Endothel) oder das Blutgefäß selber angreift. Die Schwellung, die durch die Entzündung hervorgerufen wird, kann die Blutdurchflussmenge reduzieren (Ischämie) oder sogar zu einem kompletten Verschluss der Blutader führen (Infarkt), infolgedessen dann ein Gewebe oder ein Organ nicht mehr oder nicht ausreichend mit Sauerstoff versorgt wird. Dies kann zum Absterben des Gewebes (Nekrose) in kleinen Bereichen oder sogar eines ganzen Organs führen. Die Entzündung kann aber auch das Blutgefäß schwächen, so dass eine abnormale Aussackung (Aneurisma) entsteht, die anfällig ist für Risse, durch die dann Blut austritt (Hämorrhagie).

Vaskulitiden sind deshalb schwere, manchmal tödlich verlaufende Erkrankungen, die eine schnellstmögliche Diagnose und Therapie erfordern. Leider sind Vaskulitiden häufig nur schwer zu klassifizieren, zu beschreiben und zu diagnostizieren. Erstens handelt es sich um sehr seltene Erkrankungen, die Prävalenz wird in Erkrankungen pro 100.000 oder gar 1000.000 angegeben, von daher haben die meisten Allgemeinmediziner kaum oder keine Erfahrung mit dieser Erkrankung; zweitens kann eine Vaskulitis jedes oder sogar alle Organe betreffen, inklusive Haut, Lymphgefäße, Muskeln, Nerven, das Gehirn, Herz, Lunge, Magen oder Nieren, was häufig zu einer verwirrenden Mischung an Symptomen führt; drittens sind Vaskulitiden häufig idiopathisch (der Auslöser ist unbekannt), so dass Mediziner keinen kausalen Zusammenhang verfolgen können, um die Diagnose zu stellen; viertens überschneiden sich die Anzeichen häufig mit denen anderer Erkrankungen, die Symptome sind häufig unspezifisch, so dass leicht andere, häufiger vorkommende Erkrankungen festgestellt werden. Dazu gehört auch Stress, Depression oder sogar Hypochondrie - so dass Fehldiagnosen und falsche Behandlungen leider noch immer vorkommen.

Was die Vaskulitiden besonders schlimm macht, sind nicht nur die zerstörerischen und oft fatalen, systemischen Mechanismen der Erkrankung selber, sondern auch die oft schweren Nebenwirkungen der Medikamente, die zur Behandlung eingesetzt werden müssen, und das oft über eine sehr lange Zeit, um zumindest eine Remission der Erkankung zu erreichen.

Die gute Nachricht ist, dass heutzutage, wenn die Vaskulitis frühzeitig diagnostiziert wird und die richtige Therapie mit corticosteroiden Entzündungshemmern (um die Schwellungen zu reduzieren) in Verbindung mit zytotoxischen Mitteln (um die Immunreaktion abzuschwächen) angewandt wird, in vielen Fällen die Remission erreicht wird.

Keine der Vaskulitiden gilt als ansteckend.

3.0 Klassifizierung

3.1 Allgemeines und Terminologie

Vaskulitiden sind traditionell anhand ihrer vielfältigen klinischen Merkmale klassifiziert worden, wie z.B. der Größe der betroffenen Blutgefäße (groß, mittel, klein) oder die Art der Blutadern, die betroffen sind (Arterien, Venen, Kapillaren), oder aber aufgrund ihrer histopathologischen Besonderheiten (Gewebeveränderungen, die durch die Erkrankung hervorgerufen wurden) oder aber anhand der entzündlichen Infiltrate (die Art der Immunzellen, die am Entzündungsherd aktiv oder nachweisbar sind, z.B. Neutrophile, Leukozyten oder Monozyten). Neuere Erkenntnisse von immunpathologischen Mechanismen (wie z.B. den Antineutrophilen Cytoplasmatischen Antikörpern [ANCA]) können als zusätzliches Klassifizierungsmerkmal und diagnostisches Mittel herangezogen werden.

Ganz allgemein können Vaskulitiden auf jeden Fall in primäre und sekundäre Vaskulitiden eingeteilt werden. Historisch werden primäre Vaskulitiden als idiopathisch beschrieben, also als ohne erkennbaren Grund auftretend, sozusagen "aus dem Nichts", wobei diese Charakterisierung etwas irreführend ist; auch für primäre Vaskulitiden sind einige Auslöser beschrieben worden (so wird z.B. Endangiitis obliterans in engen Zusammenhang mit Nikotingebrauch gestellt). Primäre Vaskulitiden werden also am besten als eigenständige Erkrankung charakterisiert, ohne vorhergehende oder begleitende Erkrankung, wohingegen sekundäre Vaskulitiden einer anderen Erkrankung folgen, oder aber eng an eine andere Erkrankung gekoppelt sind. Sekundäre Vaskulitis wird als Begriff genutzt, wenn die zugrundeliegende Ursache eine Neoplasie, eine Droge oder ein Gift ist.

3.2 Die primären Vaskulitiden

Dreizehn primäre Vaskulitiden werden unterschieden:
 

Anmerkung:Primäre Vaskulitiden beinhalten die systemische Vaskulitiden, was bedeutet, dass die Vaskulitis jeden Teil des Körpers betreffen kann, ebenso die idiopathischen Vaskulitiden, die eben aus unbekanntem Grund ausbrechen (was nicht gleichzusetzen ist mit "ohne Grund").

3.3 Sekundäre Vaskulitiden

Sekundäre Vaskulitiden haben eine bekannte Ursache. Es gibt zum Beispiel

Sekundäre Vaskulitiden werden auch manchmal mit anderen Erkrankungen und Syndromen in Zusammenhang gebracht, zum Beispiel

3.2 Andere, häufig gebrauchte Begriffe, um Vaskulitis-Erkrankungen zu beschreiben

Nachfolgend einige beschreibende Begriffe, die sowohl für primäre, als auch sekundäre Vaskulitiden benutzt werden:

Vaskulitiserkrankungen können aber auch anders beschrieben werden. Die Granulomatose mit Polyangiitis gehört zum Beispiel zu den Vaskulitiden, die die mittleren Blutgefäßte betrifft, aber auch granulomatös und eosinophil ist.

Dirk Biddle, Dezember 2013 (Deutsch von Birgit Wiedenmann-Naujoks)


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2. Jennette, J., Falk, R., Andrassy, K., Bacon, P., Churg, J., Gross, W., Hagen, E., Hoffman, G., Hunder, G., Kallenberg, C., et al. (1994) Nomenclature of systemic vasculitides. Proposal of an international consensus conference. Arthritis Rheumatica, 37(2), 187-92.

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