von Helga Naujoks

Für ein paar Stunden die Vaskulitis vergessen,

hieß es am Sonntag, dem 27. Juli 2003. An dem Tag trafen sich die Selbsthilfegruppe Kreis Steinburg und Mitglieder des Arbeitskreises Vaskulitis in Kellinghusen. Zunächst gingen natürlich die Fragen nach dem Befinden der anderen und die Antworten hin und her, und auch auf dem Weg zum Museum waren die Vaskulitis und deren Folgen für den Einzelnen Hauptgesprächsstoff. Dann aber wurden alle gefesselt von dem, was zu sehen war und von fachkundiger Führung erklärt wurde.

Das Heimatmuseum besitzt eine kleine Sammlung von Fayencen, die in Kellinghusen und der Umgebung, wo auch der Ton gefunden wurde, entstanden sind:
Die Fayence-Industrie entwickelte sich hier seit der Mitte des 18. Jahrhunderts, und noch heute gibt es einige der damals zahlreichen Töpfereien, die die alte Tradition fortführen.

Fayencen, nach dem italienischen Faenza in Italien benannt, ist Irdenware, die nach einem ersten Brand in eine mit Zinnoxid angereicherte Glasur getaucht wird und ihre Bemalung in noch feuchtem Zustand erhält. Die typischen Farben gelb, blau, grün, mangan und rot betten sich nach einem zweiten Brand in die weiße Glasur ein und ergeben einen glänzenden Überzug.

Die aufwändige Malerei hatte zu allen Zeiten ihren Preis, und so wurden diese kostbaren Fayencen vor allem für den Export und die reicheren Bevölkerungsschichten hergestellt.

Liebhaber können heute die in Kellinghusen hergestellten Repliken erwerben.

Ein prächtiger Kachelofen und reich bemalte Fliesen aus der Ofenmanufaktur "Fernsicht" lassen erahnen, in welch reicher Umgebung sie einstmals Stuben schmücken durften.

Für alle, die noch Kraft und Lust zu weiterer Besichtigung hatten, bot sich die Sonderausstellung "Siegfried Möller" an. Eine Auswahl aus dem Schaffen des Keramikers, der von 1896 - 1970 in Schleswig-Holstein lebte, ist hier zusammengetragen worden.

So sieht man sparsam dekorierte Arbeiten aus Steingut aus der ersten Schaffensperiode, dann üppig bemalte Fayencen und ab etwa 1950 entstanden Service mit strengen Linien, die nach den Entwürfen von Möller bei Fürstenberg produziert wurden.

Stolz kann der Liebhaber sein, der alte Fayencen aus Kellinghusener Töpfereien besitzt, und glücklich der Sammler, der unter seinen Schätzen Stücke von Siegfried Möller stehen hat.

Nach etwa 1 1/2 Stunden Museumsbesuch trafen wir uns bei Kaffee und Kuchen in einem Restaurant. Die Unterhaltung wurde nach dem ersten Verschnaufen angeregt, der Geräuschpegel stieg. Aber, wohin ich auch hörte, vernahm ich schon nach kurzer Zeit nichts über MTX, Cortison oder Vaskulitis, die uns doch schließlich hier zusammenführte. Es gab so viele andere Dinge, über die man reden konnte, und immer wieder erscholl an den verschiedenen Stellen der Tafelrunde herzhaftes Lachen. Es zeigte, daß alle es genossen, freie Stunden von der Krankheit zu haben.

Es war zu merken, dass auch solche gemeinsamen Unternehmungen den Sinn und Zweck einer Selbsthilfegruppe erfüllen: Austausch von Sorgen und Nöten, die durch die Krankheit entstehen, Erhalten von Hilfe durch die Erfahrung der anderen Kranken, aber auch das so wichtige Herausschlüpfen aus dem Alltag, das Zurücklassen der um die Vaskulitis kreisenden Gedanken und das Auftanken mit schönen Erlebnissen, die Freude und neue Kraft bringen.

Wir schlossen den gelungenen Nachmittag mit einem kleinen Spaziergang ab, und wir verabschiedeten uns voneinander in der Vorfreude auf ein Wiedersehen beim herbstlichen Grünkohlessen.

Frau Rühmann organisierte und lud ein, viele kamen, und alle danken ihr.

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aktualisiert am 06.August 2003