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Mein Name ist Christine G., ich bin verheiratet , habe 3 erwachsene Söhne. und lebe mit meiner Familie im Rhein-Main-Gebiet.
Mein erlernter Beruf ist Arzthelferin.
Die in 2007 festgestellten Diagnosen lauten: Panarteriitis nodosa mit Kryoglubulinämie, Critical-Illness/ axonal betonte Polyneuropathie, hochgradige Aortenklappeninsuffizienz, akutes Nierenversagen(CVVH-Therapie /Hämodialyse) steroidinduzierter Diabetes, rezidiv.respiratorische Insuffizienz bei Lungenödem, CMV-Reaktivierung (Nachweis von 12pp-65-positive Zellen, neg. ab 31.7.(Cymeven), Osteoporose, Schilddrüsenunterfunktion seit Jahren (2 Operationen).
Zur Therapieoptimierung in Bad Bramstedt im Febr. 2009 wurde nach nochmaliger Untersuchung des alten Biopsie- Materials aus der Uniklinik eine "Mikroskopische Polyarteriitis" diagnostiziert. Meine Geschichte begann schon ein paar Jahre vorher.
Ich war oft total kaputt und nicht belastbar, selbst nach kurzem Spazierengehen bekam ich ziemliche Schmerzen in den Beinen, Rücken und Gelenke machten starke Probleme. Blutwerte waren ganz o.k. bis auf einen leichten Anstieg von BSG , CRP und Leberwerten. Eine Odysee von einem Arzt zum nächsten begann. Es wurde nichts gefunden. Einer sprach von Fibromyalgie, ein anderer sagte, ich solle doch "wiederkommen, wenn ich richtige Probleme hätte"... ich bekam den Tipp, mehr Sport zu machen, Entspannungstechniken anzuwenden - und dann hieß es plötzlich "psychosomatisch" - -
Im Frühjahr 2006 bekam ich an den Beinen kleine rote Pünktchen, die immer nach ein paar Tagen verschwanden. Aber sie kamen wieder und wurden größer, später waren es blaurote, große Flecken. Die Schmerzen in den Beinen wurden immer stärker Mein Rheumatologe war ratlos, auch der Hautarzt hatte keine Idee. Unseren Urlaub in Griechenland im Mai 07 wollte ich fast vorzeitig abbrechen und zurückfliegen, so schlecht ging es mir ( Gottseidank habe ich es nicht gemacht, denn es ist trotz allem eine wunderschöne Erinnerung) - -
Wieder zu Hause und bei einer ratlosen Hausärztin, wurde ich in die Uni-Hautklinik geschickt; der Professor hat mich nach einem Blick auf meine Beine gleich da behalten. Das war am 1. Juni 2007 und ich sollte erst nach fast 7 Monaten wieder nach Hause kommen.
In der Hautklinik bekam ich eine lokale Steroidtherapie. Die Flecken wurden besser, aber ich konnte meine Beine nur mit starken Schmerzen bewegen, bis sie schließlich ganz wegrutschten. Ignoriert wurden mehrmalige größere Blutspuren im Stuhl und heftiger Durchfall.
Nach einer Untersuchung durch den Neurologen wurde ich nach 2 Wochen in die Neurologische Klinik verlegt (Diagnose nach Biopsie des linken N.suralis: axonal-betonte Polyneuropathie) -ich bekam einen Rollstuhl verpaßt. Drei Rückenmarkpunktionen konnten nicht ausgewertet werden, "der Liquor war bei artivizieller Blutbeimengung nicht verwertbar" - In dieser Zeit wurden die Nierenwerte immer schlechter. (Meine Beine wurden denen eines Elefanten immer ähnlicher, ich hab 8 kg Wasser zugelegt) Eine Bestimmung auf Autoantikörper (ANA, ANCA) , sowie Hepatitis/ HIV-Serologie verlief negativ.
Am 21.6. wurde ich in die Nephrologische Klinik verlegt. Und jetzt ging`s erst richtig los! Als erstes bekam ich das Ergebnis meines dauerhaften Durchfalls: Salmonellen (im Krankenhaus!!) Es wurde eine Steroidtherapie mit Decortin H (250mg) //begonnen, die Diagnose "Vaskulitis" wurde zum ersten Mal genannt. ( Endoxan-Stoß von 500mg) Mein Blutdruck explodierte nach oben (ACE-Hemmer und AT-Blocker). Zwei Tage später trat eine schwere gastrointestinale Blutung mit Hämatochezie und totalem Hb-Abfall auf - Nephrologische Intensivstation! Ich bekam den ganzen Tag ständig Bluttransfusionen, die Blutung hörte nicht auf ( "die blutet ja wie ein Schwein" . mußte ich mithören, als dies ein junger Arzt zur Schwester sagte- war mir aber egal, ich war eh schon halb weggetreten)-
Erst gegen Abend wurde ein Ultraschall und eine Angiographie durchgeführt. Ich stand mittlerweile wegen des hohen Blutverlusts unter Schock Die Chirurgen mußten eine Not-Op. machen und fanden tatsächlich die "kaputte" Stelle im Dünndarm (Dünndarmteilresektion- Histolologie: Panarteriitis nodosa) Während des Aufenthalts auf der Chirurgischen Intensivstation kam es zu respiratorischer Insuffiziens bei Lungenödem, Verdacht auf TRALI ( eine wenig bekannte Komplikation nach Gabe von Blutplasma), mehrfache maschinelle Beatmung wurde notwendig.
Nach Stabilisierung ging es zurück auf die nephrologische Normalstation, aber wenige Tage später ging es wieder los mit Darmblutungen ( 2mal mit radiologischen Interaktionen/ Angiographien zum Stillstand gebracht). Akutes Nierenversagen kam hinzu (Hämodialysetherapie) und hochgradige Mitralklappeninsuffizienz. Es brach alles zusammen. Zu diesem Zeitpunkt wurde ich auch wieder künstlich beatmet (vermutlich wieder ein TRALI) Es folgte eine dreimalige Plasmaseperation, mehrmals eine Kryofiltration (Kryoglobuline erhöht ). Nachdem sich in einer FACS-Analyse von KM-Blut eine Population monekularer B-Zellen nachweisen ließ, bekam ich viermal Rituximab (712 mg) , Immunglobuline an 3 Tagen (tgl. 36g Sandoglobin) Plasmaseperation (3mal), Kryofiltration (5mal) - es kam zur mal wieder zur Stabilisierung!
Ein paar Tage später wieder Blutung, die "sehr wahrscheinlich durch eine zuvor erfolgte Angiographie aufgetreten sein könnte" (lt. Arztbrief). Es wurde eine weitere Op. geplant (mit künstl. Darmausgang), wäre wegen des schweren Mitralvitiums aber kritisch, wurde meiner Familie gesagt. Das wußte ich nicht, ich hatte zu diesem Zeitpunkt weitere invasive Maßnahmen abgelehnt. Es wurde alles bis auf eine Morphintherapie eingestellt, ich war im künstlichen Koma . Meine Familie war immer da.
Was in der darauffolgenden Woche geschah, läßt sich medizinisch nicht erklären. Herz, Nieren und Lunge haben sich ohne irgendwelche Medikamente regeneriert, Morphium wurde abgesetzt . Langsam habe ich mich erholt.
"Wir sind niemals so verloren, als daß unser Schutzengel uns nicht finden könnte" - diesen Satz habe ich zufällig gefunden.......
Viele meinen, es war einfach ein Wunder -
Bewegen konnte ich mich nicht, weder stehen, sitzen, laufen, noch nicht einmal im Bett umdrehen, bis zur Hüfte konnte ich meine Beine nicht mehr spüren. Ich war total hilflos und voll und ganz auf das Pflegepersonal angewiesen. In dieser ganzen Zeit haben mich sehr liebe Schwestern und Pfleger betreut (leider auch ein paar andere!) Viele Schicksale meiner Mitpatienten haben mich sehr bewegt.
Anfang September wurde ich verlegt in eine Neurologische Frührehabilitationsklinik, in den folgenden 4 Wochen habe ich gelernt, die Füße zu bewegen und kurz zu sitzen; danach war ich noch für einige Wochen zur "normalen" Reha; dort wurde endlich ( man hatte es "einfach vergessen") der Dauerkatheter entfernt - was nach der langen Zeit zur Folge hatte, daß ich ständig schwere Blaseninfekte (es war immer Blut im Urin) und Inkontinenz hatte und laufend diverse Antibiotika schlucken mußte. Dreimal mußte ich wegen Leukozytenabfall in die Uniklinik zurückverlegt werden (Quarantäne).
Kurz vor Weihnachten hatte ich nur einen Wunsch: nach Hause zu kommen. Ich war fest davon überzeugt, daß alles gut werden würde! Es ging noch nicht viel, ich konnte nur mit Hilfe aus dem Rollstuhl aufstehen und ein paar Schritte laufen. Mein "Weg zurück ins normale Leben" war sehr mühsam, ich war physisch und psychisch am Ende -- Das Leben im Rollstuhl war eine sehr interessante Erfahrung!
Mit Hilfe meiner Familie habe ich es geschafft "wieder auf die Füße zu kommen" , Gespräche mit einer Psychologin haben mir geholfen, das Erlebte und die Diagnose zu verarbeiten. Krankengymnastik war 3mal/Woche. Eine alternative, ganzheitliche Behandlung hat mich zusätzlich stabilisiert. Nach etwa einem halben Jahr ging es mit dem Laufen und Treppensteigen wieder einigermaßen; es war möglich, nach "draußen" zu kommen.
Mein -unser- Leben hat sich verändert. Ich kann nicht alleine Autofahren oder spontan etwas unternehmen. Vielleicht irgendwann??
Aber Urlaube, Theaterbesuche, Konzerte, Kino, Essengehen (in Begleitung) Spaßhaben - alles, was das Leben schöner macht- das funktioniert! Ich habe immer kleine Ziele vor Augen; mein größter Wunsch ist, einmal nach Verona zu den Festspielen zu kommen --
Medikamente nach Entlassung aus der Uni- Klinik 2007:
* /Pantozol 40mg
* /Delix
* /Cotrim forte (zur Pneumocystis-Prophylaxe)
* /Valcyte 900mg (zur CMV - Prophylaxe)
* /Amlodipin 5mg
* /Beloc zok
* /Atacand 16mg
* /Unat 10mg
* /Aminomix + 1 Amp Cernevit/Tracitrans/Clinoleic 20%/ 45 I.E. Altinsulin
* /Actrapid s.c. nach BZ
zur Zeit nehme ich:
* /L-Thyroxin 125ug
* /Pantozol 40mg
* /Decortin-H 7,5 mg ( habe auch schon mehr genommen zwischendurch)
* /Metohexal Succ. 23,75mg
* /MTX 15mg
* /Folcur 5mg
* /Azopt Augentr. 10mg / Augeninnendruck z.Z. erhöht(wegen Kortison??)
* /div. Augenbenetzungs-Tropfen
* / MTX, das ich seit Januar d.J. spritze, vertrage ich jetzt ganz gut (vorher viel Übelkeit, Kopfschmerzen ...)
- Die Ärzte in der Nephrologischen Uniklinik und Chirugie und viele andere haben enorm viel geleistet und ohne meine "Männer" und meine beste Freundin hätte ich es nicht geschafft ! Ihr wart toll! Danke !
- die Hausärztin habe ich gewechselt, einen neuen Rheumatologen und Nephrologen gefunden
- Einige wenige gute Freunde sind mir geblieben, andere "sind auf der Strecke geblieben". Sie konnten die Konfrontation mit einer "solchen" Erkrankung nicht ertragen..... (das tat weh -)-
- Wie ich reagieren würde, wenn es wieder schlimm käme? - kann ich nicht sagen - im Moment geht es mir vergleichsweise gut, die Werte sind ganz ok
Ich kann aus meiner Erfahrung heraus nur jedem sagen : wenn du gerne etwas machen möchtest, egal was, tu es, schieb es nicht auf - es könnte was dazwischen kommen .........!
Ich hoffe, daß ich das "Medizinische" aus den vielen Arzt-Berichten richtig wieder geben konnte!
PS. In 2009 habe ich "Vaskulitis.org" gefunden, es ist für mich inzwischen ein ganz wichtiges Forum geworden. Der Austausch mit anderen
Betroffenen ist sehr informativ und ich habe nette Menschen kennengelernt.
Juli 2010
aktualisiert am 07.07.2010
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