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Ich heiße Jutta, bin 44 Jahre alt, verheiratet, 3 Kinder ( 17,15,12), von Beruf Diätassistentin und seit dem Sommer 08 an der Wegnerschen Granulomatose erkrankt.
Meine Krankengeschichte:
Ich war nie zuvor ernsthaft krank, im April bekam ich plötzlich Ohrenschmerzen.
Teilweise war ich auch taub auf dem rechten Ohr. Mein HNO- Arzt verschrieb mir ein Antibiotikum. Dieses nahm ich 5 Tage ein, ohne dass sich irgend etwas verbessert hätte. Wechsel auf ein anderes Antibiotikum., auch hier keine Besserung nach 5 Tagen. Das 3. Antibiotikum schlug auch nicht an.
Ich hielt mich derweil mit Schmerzmittel über Wasser.
Ibuprofen 600, das 3-4 mal am Tag. Ich hatte in den letzten 10 Tagen auch noch Schnupfen und Atemnot dazu bekommen. Ich schluckte auch Antiallergikum, welches mir meine Hausärztin verschrieben hatte. Und Asthmaspray, um Luft zu bekommen. Mir ging es sehr schlecht.
Ich war krank geschrieben; auf eigene Bitten habe ich eine Einweisung in die Münsteraner HNO- Klinik von meiner Hausärztin bekommen.
Dort wurde ein Röntgenbild gemacht und festgestellt, dass die Mittelohrentzündung, die ich ja hatte, bereits in das umliegende Gewebe, in die Gehörknöchelchen gewandert ist und ich dringend sofort operiert werden müsse. Gut.
OP erfolgte am nächsten Tag. Alles verlief gut. Ich wurde 6 Tage per Infusion mit Medikamenten versorgt. Mir ging es gut, ich hatte auch keine Atemprobleme oder allergischen Schnupfen mehr. Dass ich auf dem rechten Ohr taub war, sollte nur vorübergehend sein, meinten die Ärzte.
Mit der Entlassung ging es aber wieder von vorne los.
Die Medikamente (Antibiotikum, Cortison und ein durchblutungsförderndes Mittel) musste ich in Tablettenform einnehmen und das ging gar nicht mehr. Ich hatte furchtbare Magenschmerzen. Bin mit meinem Mann an einem Sonntag in 2 Kliniken gewesen, doch in beiden Notfallambulanzen die gleiche Antwort: Weiter einnehmen.
Montags hatte ich einen Nachsorge-Termin in Münster. Auch dort sagte man mir, wenn ich mein Gehör wieder haben möchte, müsse ich die Tabletten einnehmen.
Meine Hausärztin gab mir zum Glück die Möglichkeit, alle Medikamente als Infusion zu erhalten. Ich bekam also die Therapie weiter, doch mir ging es täglich schlechter. Ich hatte Schmerzen beim Laufen, Gehen, Bewegen. Ich hatte leichten Durchfall. Mir war immer etwas übel. Ich hatte wieder Schnupfen, aber keinen Erkältungsschnupfen. Ich mochte nichts mehr essen und nichts mehr trinken. Ich wurde lethargisch. Konnte morgens meine Kinder nicht mehr versorgen, den Haushalt nicht mehr machen.
Der Besuch bei der Hausärztin brachte nichts. Sie tippte auf Allergie / Erschöpfung, ich solle mich erst einmal ausruhen.
Ich dachte immer, es muss doch jetzt besser werden. Du musst doch wieder gesund werden. Das gibt es doch gar nicht!
Aber es wurde nicht besser, sondern täglich etwas schlimmer. Konnte kaum die Treppen im Haus hoch, der Husten wurde schlimmer, nachts hatte ich extreme Luftnot. 13 Tage nach Klinikentlassung sagte meine Freundin: ich bringe dich jetzt ins Krankenhaus. Das geht so nicht weiter.
Es war der 04. Juni. Ich weiß so viel nicht mehr davon, ich war bereits verwirrt; in der Notaufnahme wurde festgestellt, dass ich einen Kreatininwert von 17 habe und dringend und lebenserhaltend an die Dialyse müsse. Zufällig war ein Nephrologe im Krankenhaus. Er diagnostizierte aus dem Bauch heraus: Morbus Wegener; die Patientin muss morgen sofort nach Herne in die Klinik. Nur dort kann ihr geholfen werden, eine Diagnose gestellt werden, therapiert werden.
Ich kam am 05. Juni ins Herner Krankenhaus, war 4 Wochen dort. Habe dort 6 x eine Plasmaphorese bekommen, doch leider haben sich meine Nieren nicht regeneriert. Nach einer Nierenpunktion wurde die Diagnose "Morbus Wegener" zu 99,9 % gestellt.
Ein Shunt müsse her, die OP war jedoch leider fruchtlos. Der Shunt am Handgelenk versagte postoperativ. Ein neuer Shunt oberhalb des Ellenbogens wurde mir Ende Juli Wochen gesetzt. Bin immer noch dialysepflichtig. Die Chancen auf Regeneration meiner Nieren schrumpfen täglich. Bekomme Endoxan (orale Chemotherapie), Kortison, Entwässungstabletten, Antibiotikum.
Ich bin schmerzfrei, aber durch die Chemotherapie leidet mein Süß-salzig- Empfinden, alle Lebensmittel habe sich für mich im Geschmack verändert. Ich muss kaliumarm/phosphatarm essen, es ist nicht schön kein frisches Gemüse/Obst mehr essen zu dürfen. Küchentechnisch ist es für mich kein Problem ; ich bin praktischerweise Diätassistentin, aber die gesamte Versorgung ist für mich sehr unbefriedigend.
Ich bin auch körperlich nicht belastbar. Ein Spaziergang von 20 Minuten ist das Äußerste, dass ich leisten kann. An Dialyse-Tagen fühle ich mich oft,als würde ich durch Nebel gehen. Mein rechtes Ohr ist oft taub, meine Stimme hört sich für mich blechern und hohl an. Da ist es sehr anstrengend ein Gespräch zu führen.
Ich denke oft, was ist da nur mit mir passiert. Ich leide sehr unter dieser Erkrankung, ich war so fit und so aktiv ; jetzt bin ich nur krank.
Diese Zeilen schrieb ich im November 2008.
Mittlerweile ist klar, das sich dialysepflichtig bleibe.
Ich habe letzten Monat 10 Tage in Bad Bramstedt in der Klinik verbracht, um eine 2.Meinung zu hören. Ich hatte das Vertrauen in meinen Nephrologen verloren.
Schade, dass ich erst so spät nach Bad Bramstedt gekommen bin.....
Viel zu lange habe ich das Endoxan genommen und die Menge an Kortison war auch zu hoch. Ich habe viel Vertrauen in die Bramstedter Ärzte und fühlte mich dort sehr wohl aufgehoben. Das Endoxan wurde ersetzt durch "Arava". Das Kortison wird schrittweise auf 7 mg heruntergesetzt.
Ich fühle mich eigentlich ganz gut damit. Aber meine Arbeit wieder aufnehmen....das geht wohl noch lange nicht. Wird es jemals wieder gehen?
Die Niereninsuffizienz ist schon ein großes Hindernis...
das ist meine Geschichte....
----Neuigkeiten vom November 2011------
Nieren-Transplantation am 16.11.2011
Der 15.11.2011 war ein ganz normaler Werktag, der einen sehr schönen Abschluss hatte:
Mein Mann und ich gingen mit meiner Freundin und deren Ehemann nett essen. Entgegen sonstiger Gewohnheiten haben wir gar nicht viel Alkohol getrunken, jeder nur ein Glas Sekt, mein Mann sogar gar nichts. Wir hatten einen unterhaltsamen, gut gelungenen Abend.
22 Uhr nach Hause, dialysieren ( 4. x / Tag ), bin dann fix eingeschlafen.
Kurz nach Mitternacht geht das Telefon.
Ich warte, bis sich vielleicht jemand anders ans Telefon begibt. Als sich keiner rührt, so nach dem 4. / 5. Klingeln, geh ich ran:
„ Uniklinik Münster, Dr. Hummel am Apparat. Spreche ich mit Frau Jutta Simon?“
„Ja, am Apparat.“
„Wir haben eine Niere für Sie. Wann können Sie hier sein?“
Ich dachte, ich falle in Ohnmacht.
Mein Kopf war leer.
Ich habe noch fix aufgeschrieben, wo ich hin muss, dann kam mein Mann und fragte, wer da wohl am Telefon war.
Alle 3 Kinder, die eigentlich schon schliefen ( und keine Kinder mehr sind 20/18/15 ) fragten, Mama wer war am Telefon?
Ich antwortete: „Uniklinik Münster . Es besteht die Möglichkeit, dass ich noch heute Nacht eine Niere transplantiert bekomme.“
Dicke Umarmungen und Tränen folgten.
Es war 1 Uhr in der Nacht, als wir in Münster ankamen.
Die Klinik war wie ausgestorben, wir wurden empfangen von einem Pfleger, der Herr Otten hieß. Das war für uns sehr lustig, denn unsere Tochter hatte kurze Zeit vorher all ihre Freunde als „Otten-Freunde“ bezeichnet, ebenso ihre Familie mit „Otten-Familie“ oder „Otten-Bruder“ .
So sollte meine Niere nun „Otten-Niere“ heißen...
Pfleger Otten war allerdings nur mäßig gut gelaunt.
Er ließ uns wissen, dass er es hasse, nachts für Patienten aufzustehen und als ich ihm antwortete, dass er das doch bezahlt bekäme, lachte er laut auf und meinte, wegen der guten Bezahlung hätte er zum 31.12. gekündigt.
Huch, so was. Das konnte meiner guten Laune keinen Abbruch tun.
Der Oberarzt kam, erklärte alles, was nun passieren würde genau und ich wusste mich in allerbesten Händen. Um 4 Uhr morgens schickte ich meinen Mann nach Hause, schließlich mussten die Kinder um 6 geweckt werden. Ich durfte nochmal ausgiebig duschen, meinen Bauch ein letztes Mal leeren, dann hatte ich Zeit zum schlafen.
Plötzlich wurde ich sehr traurig, denn mir wurde klar, dass in dieser Nacht ein Mensch sein Leben verloren hatte und es Menschen gibt, die um diese Person trauern.
Wir hatten erfahren, dass es eine Frau im Alter von 51 Jahren war.
War sie Mutter?
Trauern jetzt ihre Kinder und ihr Mann um sie?
Was sind das für Menschen, die so viel Kraft haben und mit dem Tod eines geliebten Menschen auch noch die Entscheidung treffen, ihre Organe zu spenden?
Ich kenne diese Familie nicht doch mein Leben ist nun mit dem ihren Verknüpft.
Ich bin tatsächlich dann doch auch noch eingeschlafen und wurde um 7 geweckt...nochmal Blut abgeben, dann Schlaftablette nehmen.
Im Op wurde ich wieder geweckt: „ Frau Simon, wir setzen Ihnen jetzt die Maske auf und dann werden Sie operiert.“
Ja, macht mal....
Mittags um 14 Uhr war ich wieder auf meinem Intensivzimmer.
Ich hab nicht viel mitbekommen von dem Tag. Meine Familie war da und ich hab es genossen.
Nachdem mir das Nierchen erfolgreich verpflanzt wurde, ging es mir von Tag zu Tag besser und ich wurde auch schon nach 12 Tagen aus der Uniklinik entlassen.
Ich kann euch nicht sagen, wie glücklich ich bin, dass alles so gut lief.
Meine Familie hatte unser Haus weihnachtlich geschmückt, es war ein wahres Fest für mich am Montag nach dem ersten Advent wieder zuhause zu sein.
Nun ist es natürlich so, dass ich 2x wöchentlich zu den Nachuntersuchungen nach Münster muss. Ich kann noch nicht gescheit sitzen, stehen oder laufen. Irgendwie zwickt die Narbe doch noch sehr. Und ich muss am 07.12. nochmal für 3 Tage stationär in die Klinik, da mein PD-Katheter rausoperiert werden muss.
Nun hab ich 2 Baustellen am Bauch aber ich bin trotzdem überglücklich und super dankbar.
Diese Baustellen werde ich hoffentlich in ein paar Wochen nicht mehr haben dann fängt das neue Leben richtig an!
Vom Wegener lass ich mich so schnell auch nicht mehr erwischen hoffe ich.
Ich nehme so viel Immunsuppressiva ein, das muss den Wegener echt verschrecken :-)
Jutta jutta-simon [at] arcor [dot] de