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Moskito schreibt über Riesenzellarteriitis

1. Wie heißen Sie und wo in etwa wohnen Sie?
Im Forum nenne ich mich Moskito, ich komme aus dem Saarland.

2. Wann wurde bei Ihnen die Diagnose Vaskulitis gestellt?
April 2013

3. Wissen Sie, an welcher speziellen Vaskulitis Sie leiden?
Riesenzellarteriitis, betroffen sind die Aorta, die Lungenarterien, die Schlüsselbeinarterien und die rechte Halsschlagader.

4. Welche Symptome hatten Sie vor der Diagnose?
Seit Herbst 2012 ständig müde und abgeschlagen, starker Leistungsknick, Konzentrations- und Gedächtnisstörungen, allgemeine Interesselosigkeit, trockener Husten, Nachtschweiß, Schlafstörungen, gelegentlich leichte Schmerzen im rechten Oberarmen, ab Februar Gewichtsabnahme.
5. Wie haben Sie reagiert, als Sie erfuhren, dass Sie an einer so seltenen Erkrankung leiden? Wie haben Ihre Familie/Ihre Freunde spontan reagiert?
Zunächst war ich erleichtert, dass mein schlechtes Allgemeinbefinden einen Grund hat. Dann hat die Realität zugeschlagen und ich war so geschockt darüber, was ich da habe, dass ich es zunächst mal ignoriert habe. Auf Anraten der Familie habe ich eine ABH-Reha gemacht. Diese drei Wochen habe ich vorwiegend genutzt, mich über die Krankheit zu informieren und den Umgang damit zu lernen. Insgesamt dauerte es aber gut drei Monate, bis ich mich damit abgefunden hatte und wieder imstande war, mein Leben - etwas reduziert :) - wieder aufzunehmen.


6. Beschreiben Sie ihre Erfahrungen mit Medizinern und Pflegepersonal, die Sie betreuen/betreut haben. Welche Schwierigkeiten hatten Sie, genügend Information und eine korrekte Behandlung für eine so seltene Erkrankung wie Vaskulitis zu erhalten?
Bis jetzt nur gute Erfahrungen. Trotz - oder wegen - des diffusen Krankheitsbildes hat mein Hausarzt sehr gründlich gesucht. Meine Laborwerte gaben nur die Information, dass eine Entzündung im Körper ist, es gab auch einen bestimmten Wert, der auf Rheuma hinwies, doch da ich keine Schmerzen hatte, wurde er nicht fündig. Er hat mich dann aber auch nicht drauf los behandelt, sondern mich nach zwei Wochen ins Krankenhaus überwiesen. Dort hatte ich Glück, dass der behandelnde Internist Rheumatologe ist und schon nach zwei Tagen hatte er die Diagnose. Er war zwar immer irgendwie in Zeitnot, klärte mich aber trotzdem gründlich über das Krankheitsbild und die Therapie auf, Fragen wurden beantwortet, meinem Wunsch nach Anschlussheilbehandlung entsprochen und nach allem, was ich bisher weiß, hat er therapeutisch alles richtig gemacht. Ich bin zufrieden.

7. Welche guten/schlechten Erfahrungen haben Sie mit Medizinern und Pflegepersonal gemacht?
Nach dem Krankenhaus hab ich eine Anschlussheilbehandlung in Bad Kreuznach durchgeführt. Der Stationsarzt in der Reha-Klinik konnte zunächst nicht all zu viel mit mir anfangen, es gab auch außer mir nur noch drei andere Vaskulitis-Patienten dort. Aber die zuständige Oberärztin ist Kollagenose-Spezialistin, die konnte durchaus etwas mit Vaskulitis anfangen und hat mir sehr geholfen, war jederzeit ansprechbar für meine Fragen, die gründlich beantwortet wurden. Auch der Stationsarzt war nach ein paar Tagen merklich besser informiert.
Die Therapeuten waren durch die Bank klasse, der eine oder andere hat mir sehr gute Tipps gegeben, z.B. zum Muskelaufbau, aber v.a. haben die Therapeuten mit ihrer Einfühlsamkeit und ihrem Wissen erreicht, dass ich lernte, mich in Geduld zu üben.
Nach der Ahb habe ich noch Krankengymnastik verordnet bekommen, der Arzt in der stationären Reha-Einrichtung reagierte zunächst ähnlich hilflos (Zitat: "Was fang ich denn jetzt mit Ihnen an?"). Ich habe ihm dann kurzerhand erklärt, was mir helfen würde und er hat entsprechende Krankengymnastik verordnet.
Je mehr ich über meine Krankheit weiß, desto leichter fällt es mir auch, damit umzugehen, dass nicht alle Mediziner und Pfleger/Therapeuten darüber Bescheid wissen. Ich habe gelernt, meinen Zustand und meine Bedürfnisse zu äußern und dem wird dann in der Regel auch entsprochen.

8. Welche Medikamente nehmen Sie (bzw. der von Ihnen betreute Patient) zur Zeit ein? Welche Nebenwirkungen treten auf? Wie gehen Sie mit diesen um?
Prednisolon, Simvastin, Pantoprazol, ASS, Vitamin D3, Latanoprost

9. Inwieweit wurde Ihr Alltag von der Vaskulitis verändert? Welche positiven bzw. negativen Auswirkungen hat die Erkrankung auf Ihre Familie? Wie gehen Sie mit der schwierigen Aufgabe um, einen Vaskulitispatienten zu betreuen?
Ich bin nicht mehr so leistungsfähig wie früher, auch nicht mehr belastbar. Das hat mich launisch werden lassen. So kennt man mich eigentlich nicht und mein Umfeld reagierte anfangs hilflos. Mittlerweile hat man sich aber daran gewöhnt, man lässt mir nicht mehr alles durchgehen. Ich meinerseits habe gelernt, meine Bedürfnisse und Befindlichkeiten klarer zu formulieren, so dass meine Familie weiß, wie es mir geht und wann ich Hilfe brauche.
Es bereitet mir großes Unbehagen, dass ich nicht mehr einschätzen kann, wie leistungsfähig ich bin - beruflich wie privat. Ich kann mir nichts mehr vornehmen, weil ich nicht weiß, wie es mir am nächsten Tag geht. Pläne werden jetzt nur noch sehr kurzfristig gemacht und oft genug wieder geändert. Ich selber bin durchaus flexibel veranlagt, aber anderen kann ich nicht immer verständlich machen, warum etwas nicht geht.

10. Was ist das Schwierigste am Umgang mit einer chronischen Erkrankung wie Vaskulitis? Wie schaffen Sie es durchzuhalten, wenn es wirklich schlimm wird?
Da hab ich noch wenig Erfahrung, die Diagnose ist noch zu neu. Die größte Schwierigkeit war zunächst, zu akzeptieren, dass ich überhaupt eine chronische Krankheit habe. In meinem Kopf ging es drunter und drüber, es dauerte fast drei Monate, bis ich akzeptiert hatte, dass ich mein Leben nicht einfach so weiterleben kann, sondern dass da jetzt etwas ist, was meine Pläne und Lebensweise mit beeinflusst.
Was mein Durchhaltevermögen angeht, wenn es wirklich schlimm wird: ich hoffe, ich habe genug davon!

11. Welche Rolle spielt eine Selbsthilfegruppe für Sie?
Ich bin - noch - in keiner Selbsthilfegruppe, aber ich merkte schon in der Reha, dass mir die Berichte anderer Erkrankter geholfen haben, mit meinen eigenen Problemen besser umzugehen. Schon allein der Umstand, dass viele Gedanken und Sorgen, die ich mir machte, in meiner Situation durchaus normal sind und auch andere davon betroffen sind, hilft mir sehr.
Deshalb habe ich mich auch hier im Forum angemeldet, hier finde ich Menschen, die vieles von dem, was für mich neu ist oder erst in der Zukunft auf mich zukommen könnte, schon erlebt haben. Deren Umgang mit Problemen hilft mir, mit der Erkrankung besser fertig zu werden.

12. Welche Rolle spielt für Sie das Internet bei der Informationsbeschaffung bzgl. Vaskulitis?
Eine sehr wichtige Rolle. Ich hab zwar eine Patientenschulung mitgemacht und auch im Krankenhaus hat man mir die wichtigsten Informationen gegeben, doch das konnte ich mir alles gar nicht merken und erst recht nicht verarbeiten. Das Internet gab mir die Gelegenheit, alles was ich wissen wollte, zu finden und bei Bedarf nachzulesen und mein Wissen zu vertiefen. Das hat mir sehr geholfen.

August 2013