Natschkas langer Leidensweg

Ich bin auch eine der Betroffenen.

Seit ich denken kann, bin ich nur krank:

Nierenvereiterung mit Ausfall der linken Niere, oft Nierenbecken- und Blasenentzündungen, Mandelvereiterungen. Dann hohe Tumormarker, Knoten in beiden Brüsten, Operation, aber gutartig. Geschwüre in den Eierstöcken, wieder gutartig. Chronische Rhinitis, multiple Allergien, inzwischen Asthma, Schlafapnoe , C-Pap-Gerät. Kieferhöhle/Siebbein-Vereiterung, wieder Operation,weil es sich nicht besserte. Dreh- und Lagerungsschwindel, 3 Hörstürze mit Hörverlust beider Ohren. Morgensteifigkeit, Nachtschweiß, chronische Schmerzen, Fibromyalgie, Gicht, Arthrose.

Ich habe sehr hohen Blutdruck, sehr hohe Cholesterinwerte, in der Familie gab es oft oft sehr früh einen Schlaganfall. Ich habe oft Aphten, Soor im Mund, Herpes, Gleichgewichtsstörungen mit vielen Stürzen, Hepatitis B, oft Zwölffingerdarmgeschwüre. Inkontinenz der Blase und des Darms, eine Untersuchung ergab eine neurologische Schädigung des Rückenmarks, dann hieß es "Verdacht auf Schlaganfall oder MS".

Erst als ich 2003 eine Lederhautentzündung hatte, kam der Verdacht auf eine Vaskulitis auf, bestätigte sich im Labor aber nicht, ich bekam also keine Behandlung dafür. Ich litt an Purpura an den Unterschenkeln - Biopsien ergaben "leukozytoklastische Vaskulitis". Dann noch Polyneuropathie, durch Biopsie des Nerves suralis bestätigt, eine Biopsie eines Muskels ergab, weil die Muskelwerte im Blut sehr hoch waren, "neurogene Muskelmyopathie".

Die Rheumatologin, die immer sagte, sowie sich ihr neuer Verdacht "Panarteriitis nodosa" (2012) bestätigt, werde sofort eine entsprechende Behandlung beginnen, sagt jetzt, ich würde schon so viele Medikamente nehmen, sie könnte mir diese anstrengende Behandlung nicht zumuten, zumal gewisse Laborwerte nicht da wären.

Meine Tochter hat zwei Söhne, von denen der 2. Sohn im Alter von 8 Monaten an einer Darmentzündung schwer erkrankte, ein Teil des Darmes musste entfernt werden. Bei der Operation erlitt er einen Schlaganfall , außer der Motorik wurde auch ein Auge durch Sehverlust geschädigt. Oft ist er krank, hat, wie ich, Aphten, Soor, Herpes, Lederhautentzündung, Morgensteifigkeit, Schmerzen, Gürtelrose, Probleme mit Blase und Darm. Mein Verdacht auf eine vererbte Erkrankung wurde überall abgestritten. Dann hatte er auch Purpura mit dem Biopsieergebnis "leukozytoklastische Vaskulitis" , also doch.

Inzwischen ist er 20 Jahre alt, kann nur mühsam gehen, und ist nach insgesamt 3 Schlaganfällen mit 1 1/2 Jahren Reha seit 2014 Frührentner auf Zeit. Mit 12 Jahren hatte dann der 1. Sohn meiner Tochter auch einen Schlaganfall, wo man doch hoffte, er würde verschont werden. Auch bei ihm hieß es "leukozytoklastische Vaskulitis". Auch er hat nach seiner einseitigen Lähmung Gehprobleme. Bei ihm halfen aber Medikamente für das Immunsystem, die Erkrankung in Schach zu halten, im Gegensatz zu seinem Bruder, wo ein Ruhen der Erkrankung nicht erreicht wurde.

Den 2. Schlaganfall erlitt mein 2. Enkel, als meine Tochter das alles nicht mehr ertrug, sie ging und ließ die Kinder, damals war er 12 Jahre alt, beim Vater. Mit uns, auch mit meinem Sohn, brach sie die Verbindung ab. Erst Ende 2014 wurde es durch Blutuntersuchungen meiner Tochter (also meine Seite), meiner beiden Enkel und meines Schwiegersohnes, geschickt an eine Institution für solche Genuntersuchungen, endlich bestätigt: entdeckt wurde ein Gendefekt für Polyarteriitis Nodosa! Das war auch die Vaskulitis, die meine Rheumatologin vermutet hatte. Meine schlimmsten Befürchtungen hatten sich bestätigt.

Bis jetzt weiß ich noch nicht, welche Behandlung man jetzt für meinen Enkel macht, er muß jetzt zu einem Arzt für Humangenetik, der Termin ist bald. Hoffentlich kann ihm bald geholfen werden. Ich habe auch einen Sohn, auch er hat 2 Kinder, sie sind gesund, aber dieser Bericht bringt natürlich auch ihr Leben in Aufruhr. Mein Sohn hat schon vor Jahren, als die Erkrankungen sich häuften und mein Verdacht aufkam, dafür gesorgt, dass er keine Kinder mehr zeugen kann. Dies ist meine doch sehr umfangreiche Geschichte, ich bin inzwischen 73 Jahre alt, kann sehr schlecht laufen, bin dauernd krank, habe immer Schmerzen und leide an Depressionen , was nicht verwunderlich ist.

Ich habe einen Schwerbehindertenausweis, der besagt, dass ich Begleitung benötige und habe die Pflegestufe 1. Für Reisen, um die Reisefreiheit ins Ausland zu nutzen, habe ich schon lange keinen Versicherungsschutz mehr. Ich habe also kein so immer dargestelltes "schönes Rentnerleben", aber wenn ich an meine Enkel denke und sie sehe, werde ich sehr demütig und weiß mein Leben doch noch zu schätzen, zumal ich das Glück habe, dass es meinen Mann, 76 Jahre alt, noch in meinem Leben gibt, nach fast 53 Ehejahren. Vor allem aber bin ich froh, dass ich jetzt, wenn auch sehr spät, endlich den Namen meiner Erkrankung weiß, auch wenn es mir sonst wohl nichts bringen wird.

Natschka

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April 2015