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Bericht eines Churg-Strauss-Syndrom-Patienten
von Peter Zelewski
Der Husten war so schlimm, dass zwei Rippen brachen
Sei etwa 1974 hatte ich Beschwerden, die ich vorher nicht kannte, hauptsächlich Infekte der Nasennebenhöhlen, dabei Hustenanfälle, die so schlimm waren, dass zwei Rippen brachen und ein Bruch im Zwerchfell auftrat. 1975 stellten sich die ersten Asthmabeschwerden ein. Ich lief damals von Arzt zu Arzt, hauptsächlich zu Lungenfachärzten von Hamburg über Pinneberg bis Schleswig. In Schleswig entdeckte man beim Röntgen auch die Rippenbrüche, die ich mir kurz zuvor bei einer Auslandsreise "erhustet" hatte. Die Behandlung in Schleswig hatte insofern Erfolg, als man mir einen Pari-Inhalierboy mit den entsprechenden Medikamenten auf Kortisonbasis, Vitaminen und Asthmamitteln verschrieb, der mir das Leben und Arbeiten sehr erleichterte. Dank meines Hausarztes, des Lungenfacharztes in Schleswig und der Seekrankenkasse klappte die Versorgung mit Medikamenten recht gut; ich schickte die drei Monatsrationen immer mit einem Schiff voraus. So schleppte ich mich von Jahr zu Jahr und von Arzt zu Arzt. Inzwischen wurden die Asthmaanfälle immer schlimmer, so dass das Berodual-Dosieraerosol oft keine Hilfe mehr war und ich ganz schnell zu dem Pari-Inhalierboy und den entsprechenden Medikamenten rasen musste, die schon gemischt im Kühlschrank warteten.
Ich war Seemann, fuhr damals aber schon nicht mehr zur See, denn Seeleute starben aus wie Droschkenkutscher und Bergleute. Beruflich musste ich aber des öfteren für drei Monate ins Ausland. Ich arbeitete für eine Firma, die für Entwicklungsländer Reedereien aufbaute. Als ich 1988 von einem dreimonatigen Aufenthalt aus Kamerun zurückkehrte, erfolgte nach drei Tagen zu Hause der Zusammenbruch: Hohes Fieber, Infekt der Lunge mit schwerem Husten, geschwollene Gelenke, blaue Hautflecken, hauptsächlich an den kleinen Gelenken, Asthmaanfälle und entzündete Nerven in den Füßen und Beinen! Ich landete im Krankenhaus in Itzehoe, natürlich auf der Isolierstation, da ich aus den Tropen gekommen war. Man wusste nichts mit mir anzufangen. Wieder nach drei Tagen verlegte man mich in das Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg. Begrüßt wurde ich von einer Krankenschwester aus Afrika, wo ich ja gerade erst hergekommen war. Ich kam in ein Zimmer mit Blick auf den Hamburger Hafen. Das war der erste Fortschritt.
Ohne Kortison und Asthmamittel wäre ich nicht über die Runden gekommen
Nachdem man Parasiten in Blut und Körper und ähnlich Widerliches ausgeschlossen hatte, bemerkte man im Blut die hohen Eosinophilwerte von über 45%. Das Tropeninstitut ist für seine schnellen und genauen Diagnosen bekannt. Am neunten Tag meines Aufenthaltes dort bekam ich außerhalb der Visite Besuch von Prof. Dr. Dietrich, dem Chef des Instituts. Er sagte: "Herr Zelewski, wir wissen jetzt, was Sie haben, das Churg-Strauss-Syndrom." Ich war immer noch der Unwissende. Er erzählte mir, dass ein junger Arzt, der als Student in Kiel Vorlesungen bei Prof. Gross gehört hatte, sich an den Zusammenhang von hohen EOS-Werten, Asthma und CSS erinnerte. Man hatte inzwischen Biopsien der Lunge und der Hautflecken durchgeführt und die Vaskulitis auch histologisch nachgewiesen. Ich konnte also beruhigt sein. Man verabreichte mir jetzt hohe Kortisondosen und Asthmamittel. Vorher hatte ich nur in Itzehoe im Krankenhaus ein Antibiotikum bekommen, das aber nicht anschlug. Man fing mit 90 mg Prednisolon an. Es trat eine rasche Besserung meiner Beschwerden ein. Ich kam allerdings nicht ohne Kortison über die Nächte und wurde nach sechs Wochen mit der Morgendosis von 15 mg und der Abenddosis von 5 mg entlassen. Ich bin dann mit Kortisongaben und Asthmamitteln recht gut über die Jahre gekommen. Meinen zweiten Beruf mit den langen Auslandsaufenthalten, meistens auch noch in den Tropen, durfte ich natürlich auch nicht mehr ausüben. Ich arbeitete dann bei einer chinesischen Reederei in Hamburg, wo ich noch heute, allerdings nur einen Tag pro Woche, beschäftigt bin.
Nach einigen Jahren kamen Herzschmerzen hinzu
1994, nachdem sich mein Zustand verschlechtert hatte, kam eine Herzbeteiligung dazu. Ich wurde bereits in der Rheumaklinik Bad Bramstedt behandelt. Ich machte jetzt die Bekanntschaft mit dem Rollstuhl und bekam täglich Endoxandosen zwischen 200 und 100 mg. Trotzdem hatte ich sehr oft, fast schon beständig, Herzschmerzen. Die Anwendung von Immunglobulinen zeigte anfangs erstaunlich gute Resultate, doch das Medikament ist horrend teuer und nach zwei bis drei Monaten war ich wieder da, wo ich vor deren Anwendung gewesen war. Jetzt kam mir der Vorteil des Vaskulitis-Zentrums hier in der Rheumaklinik zugute. Man arbeitet international mit Instituten zusammen, in denen ebenfalls geforscht wird. An der Mayo-Klinik in Rochester in den USA hatte man bei der Anwendung von Intron-A, dem alpha-Interferon bei CSS-Patienten und bei Patienten mit der Hyper-Eosinophilie gute Ergebnisse erzielt. Man machte hier vier CSS-Betroffenen den Vorschlag, mit diesem Medikament behandelt zu werden. Wir haben alle vier zugestimmt, und am Tag des Umzugs von der Station Ost-3 in das neue Klinikum, in die Station C1B, fing der Versuch mit der Gabe von 3 Mio. Einheiten an. Ich konnte das Medikament gut vertragen und wende es noch heute an. Die Herzschmerzen sind sehr selten geworden und ich befinde mich jetzt in einer stabilen Teilremission. Ich nehme jetzt täglich 5 mg Decortin-H und verschiedene Asthma- und Herzmittel. Immer noch hoffe ich, irgendwann auf einige der Medikamente verzichten zu können. In der Rheumaklinik habe ich viele Patienten kennengelernt, die mit einer kleinen Erhaltungsdosis Kortison oder sogar ganz ohne Medikamente auskommen.
Den Kopf lässt man ja schließlich nicht hängen. Sie sehen, ich bin Optimist, und es geht mir gut.