Ullas Erfahrung mit Morbus Wegener

Mein Name ist Ulla, ich bin 60 Jahre alt und weiß seit März 2008, dass ich an Morbus Wegener erkrankt bin. Mir ging es schon zwei, drei Jahre davor nicht gut, denn ich litt unter häufigen und sehr hartnäckigen Erkältungen, Mittelohrentzündungen, Bindehautentzündungen, Harnwegsinfekten, Pilzinfektionen, Geschwüren und Gelenkschmerzen. Deshalb rannte ich von Arzt zu Arzt, nahm oft Antibiotika, aber etwas richtig Ernstes wurde nie festgestellt. Ich führte das Ganze darauf zurück, dass mein Immunsystem durch die berufsbedingte Stressbelastung (ich war Lehrerin) einen Schlag abgekriegt hatte, und ich versuchtes alles Mögliche, um meine Immunabwehr zu pushen: Vitaminspritzen, Vitaminpillen, Echinacea, Propolis, Gelee royal für die Infektabwehr, Uro-Vaxom für die Blase, Omniflora für den Darm, Vitasprint für die Fitness, usw. Doch statt vor Gesundheit zu strotzen, ging es mir immer schlechter, bis es Ende 2007 zum GAU kam.

Pünktlich zu Weihnachten bekam ich Fieber, Blasen-und Ohrenprobleme und Schmerzen im linken Fuß. Einen merkwürdigen Dauerschnupfen hatte ich eh schon seit Monaten. Nach den Feiertagen ging ich zum Internisten und zum HNO-Arzt, doch die Behandlung mit Cotrim, Nasen-und Ohrentropfen schlug nicht an. Das Fieber stieg, es kamen Nachtschweiß und heftige, von Gelenk zu Gelenk hüpfende Schmerzen hinzu. Plötzlich hatte ich ein Loch im Trommelfell und einen Hörsturz. Als meine CRP-Werte trotz erneuter Antibiotikaeinnahme immer mehr anstiegen, wurde ich von meinem Hausarzt, der den Braten als erster gerochen hatte, mit Verdacht auf Kollagenose in die Abteilung für innere Medizin des Frankfurter Nordwestkrankenhauses eingewiesen. Dort wurden viele Untersuchungen gemacht (u.a. Magenspiegelung, Ultraschall, Röntgen, MRT, zahlreiche Blutuntersuchungen), doch außer einem blutenden Magengeschwür wurde nichts entdeckt. Ich bekam Unmengen von Antibiotika - ca. 70 Infusionen plus Tabletten, aber ich wurde immer kränker, bekam schlecht Luft, kriegte eine Rippenfellentzündung, die Nieren- und Leberwerte verschlechterten sich rapide, der schmerzende linke Fuß war plötzlich taub und die CRP-Werte stiegen auf 360. Dass ich auch noch einen blutigen Schnupfen und feuerrote Augen bekam, war mir schon völlig wurscht, denn ich dachte nur noch ans Sterben. Doch dann ging es langsam wieder bergauf, vor allem als ich statt Antibiotika Cortison bekam. Nach mehr als 3 Wochen wurde ich als halbwegs "geheilt" entlassen.

Und dann kam, was man Glück im Unglück nennt. Wegen meines geschwächten Zustands sollte ich noch 3 Wochen in die Reha. Der Krankenhaussozialarbeiterin gegenüber behauptete ich einfach, ich hätte "Rheuma", worauf sie mir entsprechende Einrichtungen vorschlug, darunter auch die Aschoff-Klinik in Bad Kreuznach. Für diese entschied ich mich, weil der Chefarzt Internist und Nephrologe ist, und ich dachte, das würde zu meiner Krankheit passen. Das war ein Volltreffer, denn nach wenigen Tagen in der Aschoff- Klinik (und natürlich einigen Spezialuntersuchungen) stand die Diagnose Morbus Wegener fest, eine mir bis dahin völlig unbekannte Krankheit. Ich wurde in das benachbarte und unter gleicher Leitung stehende Rheumakrankenhaus überwiesen. Dort wurde eine Endoxan-Therapie mit Infusionen begonnen, die ich noch 8 Monate mit Tabletten weiterführen musste. An Ostern war ich wieder zu Hause, halbwegs fit durch die Anwendungen, die ich im Krankenhaus gehabt hatte. Meine Nierenwerte sowie die Ancas und Anti-PR3- Werte besserten sich.

Während der Chemotherapie ging es mir nicht besonders gut, was mich aber nicht davon abhielt, mit dem Schiff zum Nordkap zu fahren. Diese lange vorher gebuchte Reise anlässlich meines 60. Geburtstag wollte ich mir von meiner Krankheit nicht vermiesen lassen, und darauf bin ich heute noch stolz! Im September 2008 stiegen die Antikörper stark an, ich bekam rote Augen und musste wieder ins Rheumakrankenhaus, doch mit mehr Cortison und Endoxan konnte ein erneuter Schub verhindert werden. Seit November nehme ich 100mg Azathioprin plus 7,5mg Cortison, was ich einigermaßen vertrage.  Bis Februar 2009 ging ich wöchentlich zur Blutkontrolle bei meinem Frankfurter Arzt und alle 4 Wochen zur Rheumasprechstunde nach Bad Kreuznach. Inzwischen fährt mich mein Mann alle 4-5 Wochen zur Kontrolle der immer noch erhöhten und ständig schwankenden Ancas und sonstigen Blutwerte ins Rheumakrankenhaus. Jedes Mal halte ich die Luft an, bis ich meine Werte erfahren habe. Ich gehe regelmäßig zum Internisten, außerdem zum Augenarzt wegen der ewigen Bindehautentzündungen. Meine verstopfte Nase spüle ich mehrmals täglich mit Salzlösung und benutze Nasenöl und Salbe. Mein linker Fuß hat sich dank Akupunktur soweit gebessert, dass ich fast normal laufen kann. Ich habe einen Schwerbehinderungsgrad von 50% zuerkannt bekommen und bin vor ein paar Wochen sang-und klanglos pensioniert worden.

Auch wenn ich mir den Ausstieg aus einem langen engagierten Berufsleben nicht so trist vorgestellt hatte, auch wenn mein Mann und ich viele Pläne, die wir für das Rentenalter hatten, nun vergessen können, weiß ich doch zu schätzen, was für ein Glück ich trotz allem hatte. Dass ich an das Rheumakrankenhaus und damit an die entsprechenden Fachleute geraten bin, dass ich die verschiedenen Therapien bisher ganz passabel vertragen habe und dass meine Familie hinter mir steht - damit hatte ich einfach Massel. Ich bin entschlossen, mich nicht so schnell unterkriegen zu lassen, und das wünsche ich auch allen Betroffenen. Zur Zeit wird viel zum Thema Autoimmunerkrankungen geforscht. Hoffen wir, dass es bald Medikamente geben wird, die zielgerichteter gegen die "falschen" Antikörper vorgehen als die bisherigen immunsuppressiven Mittel!

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aktualisiert am 23.03.2009