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Schlaganfall mit 27! - Teil 2

von Nando

Das normale Leben geht weiter- ca. 4 Jahre lang. Dann im Oktober 04, mir kommt es so vor, als ob mein linker Arm immer schwächer wird. Im allgemeinen fühle ich mich schwach. Ich bekomme Kopfschmerzen. Vielleicht eine verschleppte Grippe? Der Arzt ist vorsichtig und schickt mich sicherheitshalber wieder ins Krankenhaus, ein zweiter Schlaganfall bestätigt sich zum Glück jedoch nicht. Nach Aufenthalt von 1 Woche und vielen Tests zur Vorsorge werde ich aus der Klinik entlassen. Doch das war nicht der letzte Schicksalsschlag. Am 10-11-04 zwei Tage vor meinen Geburtstag sollte etwas wieder unser komplettes Leben verändern.

Es ist der 10-11-04, in 2 Tagen feiere ich meinem Geburtstag. Wir haben einen Pavillion aufgebaut, einen Heizstrahler besorgt. Es soll Glühwein geben. Alles ist vorbereitet. Ich sitze unten bei meinen Schwiegereltern im Wintergarten. Meine Frau bringt unsere Tochter ins Bett. Ich will auch Gute Nacht sagen gehen, doch meine Beine wollen nicht gehorchen.

Torkelnd gehe ich die Treppe hinauf. Im Flur oben angekommen, stürze ich nach rechts, reiße ein Bild mit. Ich liege im Flur auf dem Fußboden. Meine Frau reagiert sofort. Sie rennt nach unten, ihre Mutter soll den Notarzt verständigen. Sie kommt schnell zu mir zurück, hilft mir auf den Sessel. Ich will keinen Notarzt. Es soll nichts passiert sein! Nein, keinen Notarzt, ich will übermorgen ganz normal meinen Geburtstag feiern!

Ich sehe die blauen Flackerlichter. Der Notarzt und Krankenwagen sind da. Sie setzen mich auf den Zweisitzer in der Stube, damit sie mehr Platz haben. Ich bekomme wieder nur alles in einem Dämmerzustand mit. Meine Frau erklärt, dass ich vor 4 Jahren schon einen Schlaganfall hatte und welche Medikamente ich bekomme. Die Notärztin überlegt kurz und ich bekomme eine Injektion gespritzt. Ich habe die Augen geöffnet,  doch da bin ich nicht.I ch werde in den Krankenwagen getragen. Schwierige Situation, unser Treppenhaus ist ziemlich eng. Von der Fahrt ins Rotenburger Krankenhaus bekam ich nichts mit. Meine Frau und meine Schwiegereltern fuhren hinterher ins Krankenhaus. Meine Eltern durchmachen auch wieder die Hölle durch die 3 Stunden Anfahrt aus Holland.

Ich bin in der Notaufnahme. Mir ist kalt und ich bin müde. Ich wurde schon ins CT geschoben, um herauszufinden, was jetzt wieder mit mir geschehen ist. Der Verdacht bestätigt sich schnell. Der 2. Schlaganfall mit 31. Doch diesmal in der linken Hirnhälfte, so dass die Ausfälle auf der rechten Seite sind. Das Schlimme ist, dass die linke Hirnhälfte das Stammhirn (Gedächtnis), Sprache betrifft. Na prima, nun habe ich ein lahme linke Seite und einen frischen Schlaganfall, der auch noch die rechte Seite betrifft. Meine Sprache ist sehr langsam und schlecht. Ich kann mich nicht konzentrieren, höre mitten im Satz auf zu sprechen. Mein rechter Arm will auch nicht funktionieren. Aber wenigstens zeigt mein rechtes Bein Reflexe. Ich komme auf die Stroke Unit. Will nur noch schlafen. Der nächste Morgen ist die Hölle.

Warum wieder ich? Jetzt beide Seiten! Meine Eltern und meine Frau kommen. Meine Sprache hat sich verschlechtert. Kein gutes Zeichen. Das Merkwürdige ist aber, dass mit einmal der linke Arm wieder besser funktioniert, der ja vorher gar nicht mehr wollte. Ich will testen, zu stehen. Doch die Ärzte verbieten es. Ich übe heimlich. Morgen am 12-11-04 ist mein Geburtstag. Ich will laufen. Der Arzt sagte, dass dieser Schlaganfall, dadurch, dass schneller gehandelt wurde, geringer ausgefallen sei, aber schlecht ist halt, dass das Gedächtnis in Mitleidenschaft gezogen wurde. Schritt für Schritt wanke ich durchs Zimmer. Die Schwester hat mich erwischt aber nichts gesagt. Der 12-11-04 ist mein Geburtstag, das größte Geschenk ist, dass ich noch lebe! Obwohl, unter welchen Umständen… Meine ganze Familie kommt , will mich überraschen.

Ich habe auch eine Überraschung für sie. Meine Frau verziert in der Empfangshalle noch schnell einen Kuchen mit Kerzen und will sie gerade anzünden, da stehe ich in der Empfangshalle. Alle weinen. Am meisten ich. Es ist mir peinlich, aber ich bin stolz, 2 Tage nach meinem 2. Schlaganfall den endlos langen Flur entlang zu gehen. Meine Sprache ist wieder da, aber ich bin unsicher mit der Wortwahl. Daher kommen lange Pausen im Satz vor. Ich verbringe 3 Wochen in der Klinik. Mein Zustand bessert sich stets durch viel üben und dadurch, dass ich nicht aufgebe. Es stellt sich heraus, dass ich eine cerebrale Vaskulitis habe. Eine Gewebeerkrankung im Kopf. Die Schlaganfälle kommen nicht einfach so, sondern durch eine Geweebeenzündung im Kopf. Unheilbar, aber ein Medikament soll mir helfen , mein Immunsystem stärker gegen diese Entzündung zu machen. im Gegenzug  aber schlechter gegen z.B. Grippeviren zu funktionieren. Im Klartext: Ich bin empfänglicher für Krankheiten, die ein normaler, gesunder Mensch in ein paar Tagen wecksteckt. Doch ob diese Tablette wirklich hilft, dafür legt kein Arzt die Hand ins Feuer. Nach den 3 Wochen  Klinikaufenthalt darf ich für eine Woche nach Hause.

Dann komme ich für 3 Wochen nach Soltau in die Reha. Ich bekomme unheimlich viele Therapien. Ergotherapie, Krankengymnastik, Schwimmen, Hirnleistungstraining, Stangerbad und Muskelaufbautraining haben mich soweit wieder hinbekommen, dass ich mich besser fühle. Heute bin ich ungefähr 11 Monate krank zuhause. Zurückbehalten habe ich Schluckbeschwerden, Feinmotorik des linken Armes funktioniert nicht, das linke Bein zeigt Gefühlseinschränkungen. Die Hüfte ist in Mitleidenschaft gezogen, knickt beim Gehen stark ab und verursacht Schmerzen. Der psychische Zustand ist schlecht. Na ja, nach 2 Schlaganfällen  und der Gewissheit, nie wieder gesund zu werden…Aber ich danke allen, die sich so für mich und meine Gesundheit eingesetzt haben. Und vor alledem der Rückhalt in meiner Familie und bei Freunden. Alle haben mich unterstützt, mich nie im Stich gelassen und immer an mich geglaubt. Ich kann nur sagen, dass, so auswegslos die Lage auch erscheint, man sich nie aufgeben darf.

Im März 2007 wollte ich mit einem Freund ins UKE nach HH , da er dort eine Untersuchung hatte. Mir war an diesem Morgen schon komisch...mein Ohr tat weh und ich hatte Probleme, einen Brechreiz zu unterdrücken. Mein Freund war in Behandlung, ich wartete im Auto, hatte tierische Kopfschmerzen, dachte mir nichts dabei. Ich habe mich sogar übergeben! Gegen Mittag war ich zurück und habe meiner Frau gesagt ich müsse mich hinlegen, mir gehts nicht gut. Bin auch schnell eingeschlafen. Bis ich auf einmal erschrak: Meine Frau stand vor mir, ich hatte nichts gehört, aber sie bewegte den Mund! Ich schrak hoch und hörte sie reden aber nur mit dem rechten Ohr.....Oh nein...

Meine Frau erkannte den Ernst dieser Sache und rief einen Krankenwagen. Der forderte gleich einen Notarzt nach , da von einem neuen Schlaganfall ausgegangen werden muss. Ich landete im Diako in ROW. Dort sollte es sich dann um einen Hörsturz handeln , so dass ich auf der HNO landete. Später stellte sich heraus, dass es kein Hörsturz war, sondern ein Schlaganfall, der im Ohr stattgefunden hat. Somit war ich auf der HNO deutlich verkehrt gelandet, da alles als sehr alltäglich gehandhabt wurde. Bis heraus kam, dass es ein Schlaganfall war. Heraus gekommen ist dies aber nur, da ich durch meinen Facharzt ( ich war schon entlassen worden) durch ein CT geschickt wurde. Er erkannte den Ernst dieser Situation und handelte sofort!

Ich bekam ab Ende März ENDOXAN Therapien (Chemo) für ein halbes Jahr. Diese sollen bewirken, dass mein Körper total "runtergefahren " wird, sich alles neu orientieren kann. Mein Körper meint, es seien gewisse Teile im Körper, die da nicht hingehören, und darauf versucht er, dagegen zu kämpfen, obwohl es nicht richtig ist. Daraufhin entstehen hochgradige Entzündungen, die bei mir die Schlaganfälle auslösen. Nun wissen wir wenigstens warum ich andauernd Schlaganfälle bekomme. Das Problem bei mir ist, das man vorher nie Warnsignale erhält, z.B. durch schlechte Blutwerte, man merkt es praktisch erst, wenn es soweit ist und ich wieder einen Schlaganfall hatte. Nunja, die Chemo war NICHT angenehm, ich mußte mich ständig übergeben. Und ich habe aufgrund des Schlaganfalls im Ohr einen Tinnitus behalten. Ich wurde nach der Chemo (Okt.2007) auf ein anderes Medikament umgestellt , welches ich mir wöchentlich spritzen muss, da mein altes Medikament ja nicht genug Schutz bot, mich vor einem erneuten Schlaganfall zu schützen. Ich hoffe, dass dieses Medikament mir hilft, das so etwas NIE wieder passieren muss , denn aufgrund meiner angekratzten Psyche bin ich auch auf hochdosierte Anti-Depressiva eingestellt worden. Nach Anraten meines Facharztes sollte auch die Rente eingereicht werden, was im Mai 2007 geschah. Ich hoffe, dass alles klappt, denn noch mehr Einbußen überstehe ich nicht.....